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Tobias’ bildet das im Volke sehr allgemein bekannte Märchen von dem dankbaren Toten (Mt. 505–508). Eine in den Märchen beliebte Person ist der durch seine Weisheit berühmte Salomo, der bisweilen in den Märchen unter seinem eigenen Namen auftritt. Mit den Märchenstoffen im Zusammenhang ist Jephtas Gelübde, Gott denjenigen zu opfern, der ihm zu Hause zuerst begegnen wird u. a.

Bei der Besprechung der alten Märchenliteratur ist das alte Kulturland Ägypten noch nicht erwähnt worden. Dass die Märchen in Ägypten schon früh bekannt waren, ist eine bewiesene Sache. Ein in einem alten ägyptischen Grabe gefundener Papyrus, der dem Prinzen Seti Minephtah (später Seti II) gehört hat, enthält ein wirkliches Volksmärchen. Seti II lebte um 1300 v. Chr. In diesem Märchen werden die Abenteuer zweier Brüder Anupu und Bitiu geschildert. Die Basis der Erzählung ist das in unserer Zeit im Volke sehr verbreitete Märchen von den Zwillings- oder Blutsbrüdern (Mt. 303). Als der eine der beiden Brüder verwünscht oder verhext wird, begibt sich der andere, nachdem er durch ein Wahrzeichen von dem Ereignis Kunde erhalten hat, auf die Suche nach ihm und erlöst ihn von dem Zauber. Mit dieser Geschichte als Kern haben sich in der ägyptischen Erzählung andere Märchenstoffe verbunden. Die Erzählung beginnt mit dem Abenteuer der Gattin Anupu’s und Bitui’s, dieselbe Geschichte, die in der Bibel von Joseph und der Frau des Potiphar erzählt wird. Im 5. Jahrhundert v. Chr. erzählt Herodotos ein anderes ägyptisches Märchen, das ebenso im Volke sehr allgemein ist, nämlich das Märchen von Rampsinit’s Schatzkammer (Mt. 950).

Empfohlene Zitierweise:
Antti Aarne: Übersicht der Märchenliteratur. Suomalaisen Tiedeakatemian Kustantama, Hamina 1914, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FFC14.djvu/24&oldid=- (Version vom 31.7.2018)