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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10

einen Karabiner verkauft, in den aber das tödliche Geschoß nicht hineinpasse.

Dienstmädchen Mathilde Krohn: Das Verhältnis der Familie Rosengart sei im allgemeinen ein friedliches gewesen, nur wenn der gnädige Herr betrunken war, sei Zank und Streit gewesen. Sie habe den Inspektor Rieß mehrfach mit Frau Rosengart sprechen sehen, die Eheleute haben sich lediglich über geschäftliche Dinge unterhalten. Am 19. März 1897, abends gegen 9 Uhr, als sie gerade in der Kinderstube war, habe sie plötzlich die gnädige Frau furchtbar schreien hören. Sie sei hinüber in das zu ebener Erde belegene Wohnzimmer gelaufen und habe dort den gnädigen Herrn zwischen Sofa und Tisch tot in einer Blutlache liegen gesehen. – Vors.: War Pulverdampf im Zimmer? – Zeugin: Jawohl. – Vors.: War viel Pulverdampf? – Zeugin: Viel nicht, ich habe aber Pulverdampf gesehen und auch gerochen. Die Zeugin erzählte im weiteren auf Befragen des Vorsitzenden: Die gnädige Frau habe sie aufgefordert, zunächst den Kutscher und alsdann den Inspektor herbeizurufen. Sie sei mit der kleinen Olga zu Rieß nach Ernsthof gelaufen. Nach mehrmaligem Pochen habe Inspektor Rieß geöffnet und gefragt, was los sei. Rieß sei ausgekleidet gewesen. Er habe sich sofort angezogen, es habe aber etwas lange gedauert, da er, wie er sagte, seine Strümpfe nicht finden konnte. Rieß sei mit Frau Rosengart und der kleinen Olga oben im Zimmer geblieben, bis der Arzt und Herr Adameit aus Königsberg kamen. Einige Zeit vor dem Morde habe Frau Rosengart gesagt: Mein Mann erlaubt nicht, daß die Fensterläden des Abends zugemacht werden; wenn einmal etwas passiert, dann wird man den Inspektor Rieß und mich in Verdacht haben. – Vors.: Wie kam Frau Rosengart zu dieser Äußerung? – Zeugin: Es war doch so die Rede, daß Frau Rosengart und der Inspektor ein Liebesverhältnis haben. – Vors.: Haben Sie irgendeine Wahrnehmung in dieser Beziehung gemacht?

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10. Hermann Barsdorf, Berlin 1914, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_10_(1914).djvu/22&oldid=- (Version vom 1.8.2018)