Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 3 (1911).djvu/227

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Kabinettsorder gesagt hat: „Ich stelle Sie hiermit zur Disposition“, dann versteht es sich von selbst, daß nicht eine Spur von Verdacht gegen den Grafen Moltke zu finden ist. Zur Disposition stellen heißt doch nur: „Halten Sie sich disponibel, damit ich Sie zu gegebener Zeit mit diesem oder jenem Posten betrauen kann.“ Dafür, daß Se. Majestät der Ansicht war, Graf Moltke steht unter einem gewissen Verdacht, spricht doch nicht das Mindeste. Graf Moltke hätte ja auch als Offizier und Edelmann sein Ehrenwort falsch gegeben. Dieses Ehrenwort ist dann später dem Grafen Otto v. Moltke gegenüber wiederholt worden, der Herrn Harden davon in Kenntnis gesetzt hat, daß auch nicht die Spur von dem Verdacht, Graf Moltke habe sich im Sinne des § 175 vergangen oder sich in ähnlicher Weise betätigt, besteht. Ich stelle dies an dem Geburtstage des großen Feldmarschalls Grafen Hellmuth v. Moltke, der heute vor 107 Jahren geboren wurde, fest und sage: Graf Kuno v. Moltke hat sich seines erhabenen Verwandten durchaus würdig gezeigt. Es fragt sich nun, hat Herr Harden meinem Mandanten den Vorwurf gemacht, sich homosexuell betätigt zu haben? Justizrat Dr. v. Gordon ging alsdann die einzelnen inkriminierten Artikel durch und kam zu dem Schluß, daß die von Harden angewandten Ausdrücke mit ihrem feinen Doppelsinn keine andere Deutung zulassen, zumal sie die bekannten Diminutive enthalten, die man allgemein bezeichnet als die Charakteristiken der weibischen Leute, der Homosexuellen. Es kommt nun darauf an, so etwa fuhr Justizrat Dr. v. Gordon fort, ob Herr Harden das Bewußtsein hatte, seine Artikel könnten in der von mir angedeuteten Weise verstanden werden. Diese Auffassung des dolus eventualis ist bekanntlich vom Reichsgericht zur Geltung gebracht bei der Majestätsbeleidigung, dann aber auch für die §§ 186 und 187. Herr Harden selbst, der ja seine Worte sehr gut auszuwählen versteht, hat durch die Blume, aber stets sehr deutlich, zweifellos die Vorstellung in dem Leser erwecken wollen, daß