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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

voll zu befriedigen. – Nach beendeter Beweisaufnahme nahm das Wort Erster Staatsanwalt Dr. Recke: Die Straftaten des Angeklagten Blumenberg zerfallen in vier Teile, 1. in Amtsvergehen, 2. in die wiederholten Verpfändungen, des Mobiliars, 3. in die Warenerschwindelungen, 4. in die amtlichen Siegelbrüche. Die Amtsvergehen fallen unter den § 332 des Strafgesetzbuches, der folgendermaßen lautet: „Ein Beamter, welcher für eine Handlung, die eine Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht enthält, Geschenke oder andere Vorteile annimmt, fordert oder sich versprechen läßt, wird wegen Bestechung mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe ein.“ Es ist nicht erforderlich, daß Geschenke angenommen worden sind, es genügt, Vorteile zu fordern oder sich versprechen zu lassen. In den Zivilprozessen Wagner wider Schindler und Pyttlik wider Klehr hat der Angeklagte den Parteien Ratschläge erteilt und auch für Verschleppung der Prozesse gewirkt. In der Gerichtsordnung wird den Justizbeamten und Räten untersagt, einer Partei in Rechtsangelegenheiten Rat oder irgend eine Auskunft zu erteilen. In § 18 der Gerichtsordnung werden die Justizbeamten und Räte zu strengster Amtsverschwiegenheit verpflichtet. In einer Kabinettsordre wird diese Amtsverschwiegenheit allen Beamten der preußischen Monarchie noch außerdem zur Pflicht gemacht. Der Angeklagte Blumenberg hat nun in beiden erwähnten Prozessen, in denen er den Vorsitz führte, den Parteien Rat erteilt. Er ist außerdem in einem Falle bemüht gewesen, eine Verschleppung herbeizuführen. Es ist hierbei nicht erforderlich, daß die Vorteile in Geldgeschenken bestehen, sie können verschiedener Art sein. Aus den verlesenen Briefen geht hervor, daß der Angeklagte sich der Hoffnung hingibt, es werden ihm Darlehen gegeben und Stundungen fälliger Wechsel bewirkt werden. In dem Falle Goldstein wider Fiskus war Blumenberg, da der Prozeß vor der zweiten Zivilkammer

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/116&oldid=- (Version vom 13.12.2023)