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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

denn animos gegen Sie? – v. Tausch: Ja, es ist ja bekannt, daß Herr v. Marschall der politischen Polizei nicht sehr zugetan war, und alle Versuche, ihn davon zu überzeugen, daß er im Irrtum sei, wenn er denke, die Polizei treibe Politik, mißglückten, weil er mich als Vertreter der politischen Polizei nicht empfing. – Staatssekretär v. Marschall: Ich weise es zurück, daß ich persönlich animos gegen den Kriminalkommissar gestimmt sei. Allerdings hatte ich Verdacht gegen ihn aus dem Grunde, weil es mir auffiel, daß die geheime Polizei Vertrauensmänner sich auswählt, die geflissentlich Beamte des Auswärtigen Amtes heruntersetzten, verdächtigten und verleumdeten. Ich habe v. Tausch allerdings niemals empfangen. Ich habe einen begründeten Verdacht, daß Herr v. Tausch bemüht gewesen ist, die Beamten des Auswärtigen Amtes herabzusetzen, und ich muß einräumen, daß ich zu der geheimen Polizei kein Vertrauen habe. Mein Mißtrauen datiert schon aus der Zeit des Herrn Normann-Schumann, den ich wohl, ohne ihm nahezutreten und ohne Bedenken als einen recht gefährlichen Menschen bezeichnen darf. Als Herr v. Caprivi ins Amt gelangte, erschienen in der „Saale-Zeitung“ heftige Angriffe gegen ihn, und bald darauf gegen Seine Majestät den Kaiser, Herrn v. Caprivi und mich Artikel, welche höchst tendenziös abgefaßt waren. Wir wandten uns an die politische Polizei, aber ohne Erfolg. Da erhielten wir, wenn ich nicht irre, Anfang 1891 von einem Herrn Fritz Brentano, der sich als Mitredakteur der „Saale-Zeitung“ bezeichnete, einen Brief, worin er anzeigte, daß er dem Auswärtigen Amt den Namen des Verfassers der Skandalartikel mitteilen könne. Wir baten Herrn Brentano, nach Berlin zu kommen; er folgte der Aufforderung. Hier verhandelte im Auftrage des Auswärtigen Amts Hauptmann Ebmeier mit ihm. Brentano sagte, alle diese Skandalartikel rühren von einem Beamten der geheimen Polizei her. Wir gaben der geheimen Polizei den Brief des Herrn Brentano und baten um Ermittelungen. Wenige Tage darauf erhielt das

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/193&oldid=- (Version vom 9.11.2023)