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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

ermordet zu haben. Sie sind sogar deshalb verhaftet gewesen. Ich werde Sie zunächst uneidlich vernehmen, es wird später Beschluß gefaßt werden, ob Sie zu vereidigen sind. Sie müssen also die volle Wahrheit sagen, da Sie höchstwahrscheinlich Ihre Aussage werden beeiden müssen. Sie haben aber nicht nötig, sich selbst zu belasten. Sollte Ihnen eine Frage vorgelegt werden, durch deren Beantwortung Sie befürchten, sich selbst zu belasten, so haben Sie das Recht, die Antwort zu verweigern. – Lenz gab alsdann auf Befragen des Vorsitzenden an: Er heiße mit Vornamen Otto und sei am 8. April 1873 geboren. Er müsse erst sein Gedächtnis anstrengen, um sich zu erinnern, wo er am 9. Juni d. Js. gewesen sei. Er habe am 9. Juni in der Burgstraße 70 bei der Witwe Kube gewohnt. Er sei an diesem Tage von dem Versicherungsinspektor Bratengeyer als Agent für die Versicherungs-Gesellschaft „Iduna“ in Halle engagiert worden. An jenem Vormittag gegen 9 Uhr war er zunächst im hiesigen, in der Invalidenstraße belegenen Bureau der „Iduna“. Alsdann sei er mit Bratengeyer in das in der Friedrichstraße belegene „Norddeutsche Wirtshaus“, von da zu einer Familie Bönisch in der Ackerstraße, alsdann zu einer Familie, Bergstraße 27 und von dort zu einer in der Chausseestraße wohnenden Familie gegangen. Er habe überall mitteilen wollen, daß er als Agent der „Iduna“ engagiert sei und daß ihm Aufträge gegeben werden mögen. Zuletzt sei er in das in der Invalidenstraße belegene Restaurant von Kaiser gegangen. – Der Vert. hielt dem Zeugen vor, daß er bei seiner Vernehmung am 13. Juni und auch am 15. Juni andere Angaben gemacht habe. – Lenz (sehr erregt): Ich kann mich heute nicht mehr auf alles erinnern. Ich leide infolge dieser Sache an Halluzinationen, ja geradezu an Verfolgungswahn. Mein Name wird in allen Zeitungen herumgezogen, meine ganze Existenz ist vernichtet. – Vert.: Herr Lenz, ich bin weit entfernt, Sie reinlegen zu wollen, es ist aber meine Pflicht als Verteidiger, Sie auf Widersprüche

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/21&oldid=- (Version vom 1.8.2018)