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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

sendenden Zöglinge, daß kein Zögling „abgeschoben“ worden sei, nur um ihn loszuwerden. Er (Buth) wurde vom damaligen Vorsitzenden der Waisenverwaltung nach Mieltschin geschickt, um sich die Anstalt anzusehen. Er habe aber mit Breithaupt nicht eingehend über Erziehungsfragen gesprochen, weil das „Mißverständnisse hätte hervorrufen“ können und ihm „unter Umständen einen Rüffel von der Waisenverwaltung eingebracht„“ hätte. Er habe Breithaupt nur ans Herz gelegt, daß nicht die Aufseher die Zöglinge schlagen dürfen. Er erinnere sich, daß Breithaupt brieflich um die Lichtenberger Instruktion gebeten habe. – Vors.: Wie kam es, daß sie nicht geschickt wurde? – Zeuge: Ich hatte gar keine Befugnis dazu. – Die Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Illch und Rechtsanwalt Dr. Hirschfeld wiesen auf die Qualität der aus Lichtenberg überwiesenen Zöglinge hin. Buth erwiderte, Breithaupt selber habe sich im ganzen über die ihm zugewiesenen Zöglinge lobend geäußert und nur zwei oder drei als „böse Burschen“ bezeichnet. – Der erste Lehrer in der Lichtenberger Anstalt und Vertreter des Erziehungsinspektors Hentschel bestätigte, daß bei der Auswahl der nach Mieltschin zu schickenden Zöglinge nicht der Gedanke vorgewaltet habe, die schlimmsten Elemente loszuwerden. Als er die Mieltschiner Anstalt besichtigte, habe er gefunden, daß sie äußerlich einen „ausgezeichneten“ Eindruck machte. Er habe verschiedene Zöglinge gefragt, ob es ihnen dort gefällt und die Antwort erhalten: „Sehr gut.“ Einzelne erklärten, sie möchten nicht wieder zurück, sondern möchten dort bleiben; keiner habe gesagt, daß er gezüchtigt worden sei. Pastor Breithaupt, mit dem er sich unterhalten, schien ein äußerst warmes Herz für die Jungen zu haben. Er äußerte sich u. a. dahin, daß er ihnen hohe Löhne gutschreiben wolle, damit sie sich nach einigen Jahren ein Anwesen kaufen könnten. Er habe wiederholt gesagt, daß für ihn die Dienstvorschriften in Lichtenberg maßgebend seien. In Lichtenberg sei ein

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/243&oldid=- (Version vom 17.12.2023)