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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

worden, und nun habe Breithaupt ihn nochmals geschlagen, zunächst mit dem Weichselstock, dann mit der Reitpeitsche; 50 Hiebe oder mehr seien es im ganzen gewesen. – Vors.: Warum haben Sie hiervon bisher nichts gesagt? – Zeuge: Ich wollte immer noch nicht so schlecht handeln. Ich wollte die Sache verheimlichen. Ich dachte ja nicht, daß ein so großer Prozeß daraus werden würde. – Breithaupt und Engels erklärten, daß sie von dieser Bestrafung nichts wissen. – Auders hielt seine Angaben aufrecht. Im übrigen erklärte er, daß Breithaupt sonst immer gut zu ihm gewesen sei, nur gestraft habe er sehr streng. Breithaupt habe auch Ausflüge mit seinen Zöglingen unternommen und dabei alles mitgemacht. Über seinen Beinschaden bekundete Zeuge, daß er ihn seit seinem 9. Jahre habe. Er sei durch „Kniewasser“ nach einem Sprung entstanden, und er habe deshalb zwei Jahre im Krankenhaus zubringen müssen. Dem Pastor Breithaupt habe er das sogleich am Tage seiner Einlieferung nach Mieltschin gesagt. Auf die Frage des Vorsitzenden, wie oft er entflohen sei, antwortete Auders, beim zweitenmal sei er nach Berlin gelangt. Doch habe dann ein Herr vom „Vorwärts“, der zu seinen Eltern gekommen sei, ihn gesehen und ihm geraten, sich lieber wieder der Waisenverwaltung zu stellen, das habe er getan. – Zögling Rietz schilderte eine Mißhandlung von Auders, bei der er (Zeuge) 71 Hiebe gezählt habe. – Die „Schwester Olga“, jetzt Frau Schrader, geb. Redwanz, die in Mieltschin dem Wirtschaftsbetrieb vorstand, konnte sich an nichts mehr erinnern. Sie meinte zunächst, nicht dabeigewesen zu sein, wenn geprügelt wurde. Erst auf Vorhalten fiel ihr ein, daß sie wenigstens zweimal dabei war. Aber gekümmert habe sie sich um nichts, nur schreien habe sie die Jungen gehört. Gesehen habe sie weder, wie Auders durch Breithaupt ins Herrenhaus geführt wurde, noch einen anderen Fall, bei dem der Zögling Manthe an einen Baum gebunden und geschlagen worden sein soll. Der Vors. mahnte: Sie dürfen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 247. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/251&oldid=- (Version vom 17.12.2023)