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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

schon von Engels gequält worden, der ihm die Handfessel so fest zugedreht habe, daß heute noch eine Narbe zu sehen sei. Er zeigte sie dem Gerichtshof. Dann schilderte er den Empfang, den der Pastor mit seinem Weichselstock den Ausreißern bereitet habe, wobei Winkler die Verletzung unter dem Auge erlitt. Im Arrestkeller habe er 10 Tage gelegen und täglich nur einmal Wasser und Brot erhalten. Der Vorsitzende hielt ihm vor, daß er früher nur von 6 Tagen Kellerarrest gesprochen habe. – Winkler: Er habe noch einige Tage in einer anderen Arrestzelle zugebracht. Im Kartoffelkeller habe man ihm für die Nacht keine Decke gegeben, so daß er fror. Die Hände seien ihm auf dem Rücken gefesselt gewesen, in die Kartoffeln habe er sich so eingewühlt, daß er auf der Seite liegen und den Kopf auf einem Brett betten konnte. In dem anderen Arrest habe man ihm Fußketten angelegt, aber ihm eine Decke und von nun an täglich dreimal Wasser und Brot gegeben. Erst nach Beendigung der Arrestzelle sei er geprügelt worden. „Engels stieß,“ sagte er, „die Tür auf und rief: Komm! Ich folgte ihm, der Schemel stand bereit, er kommandierte: Leg dich über!“ Er habe dann 50 Hiebe bekommen, ohne daß seine Bitte um eine Pause beachtet wurde. Ihm sei schwindlig geworden, er habe aber sofort an die Arbeit gehen müssen, die er in Fußketten verrichten mußte. Einmal sei er geschlagen worden, weil er infolge Kostschmälerung hungrig gewesen war und eine Stulle gestohlen hatte. Zunächst habe er gestritten, als aber Riemschneider mahnte: „Sage die Wahrheit, du bekommst keine Schläge,“ habe er eingestanden. Da aber habe Aufseher Lang ihn geohrfeigt und am anderen Tage habe Engels ihm 50 Peitschenhiebe verabreicht, weil er (wie Wrobel ihm sagte) gelogen, d. h. nicht sofort eingestanden habe. Einmal habe er hintereinander 149 Peitschenhiebe erhalten. Er hatte eine heimlich zugesteckte Stulle bei der Arbeit gegessen, da sei Wrobel gekommen: „Ach, schon morgens willst du essen. Na,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/265&oldid=- (Version vom 17.12.2023)