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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

geholt. Alsdann habe sie mit dem Hund gespielt, Onkel sei sehr gut zu ihr. – Vors.: Unter „Onkel“ verstand sie Berger? – Zeugin: Das nahm ich an. – Vors.: Kannten Sie die Liebetruth und den Berger? – Zeugin: Nur vom Sehen. – Vors.: Die näheren Verhältnisse waren Ihnen nicht bekannt? – Zeugin: Nein. – Frau Berlin erzählte weiter: Als der Rumpf aufgefunden war, da sagte ich: ich kann mir nicht anders helfen, das muß ein Mord aus Rache sein. Berger versetzte: „Das war kein Mord aus Rache, sondern ein Lustmord.“ Ich bin der Meinung, den Mord hat der Zigarrenspitzenhändler Kufahl in der Gartenstraße begangen, das ist ein bekannter Nuttenjäger. Ich habe gesehen, wie Fräulein Feige das Kind an der Hand genommen und über die Verbindungsbahn nach der Gartenstraße zu geführt hat.“ – Angekl. (sehr erregt): Frau Berlin, wenn Sie so etwas sagen, dann sehen Sie mich wenigstens an. Schämen Sie sich, eine solche Lüge zu sagen. – Vors.: Berger, ich muß Sie dringend zur Ruhe ermahnen. Ich habe Ihnen bisher den weitesten Spielraum gelassen, ich kann aber unmöglich dulden, daß Sie in dieser Weise Zeugen gegenübertreten. – Angekl.: Herr Vorsitzender, ich kann mir unmöglich solche gemeine Lügen von der Frau gefallen lassen. Ich habe niemanden verdächtigt, ich habe sogar gesagt, als alle Welt behauptete, Lenz ist es gewesen: Solchen Verdacht darf man nicht aussprechen, wenn man nicht volle Beweise dafür hat. – Vors.: Nun, Frau Berlin, Sie hören, was der Angeklagte sagt. Sie haben einen Eid geleistet, ich ermahne Sie dringend, nur das zu sagen, was Sie mit gutem Gewissen auf Ihren Eid nehmen können. – Frau Berlin: Herr Vorsitzender, meine gute Lucie ist tot, die kommt nicht wieder; ich will niemanden unschuldig belasten, was ich sage, das ist die Wahrheit. – Vors.: Weshalb nahmen Sie an, daß es ein Mord aus Rache war? – Zeugin: Weil ich hörte, Lenz hätte sich mit der Seiler gezankt, da glaubte ich, Lenz hätte aus Wut darüber mein Kind ermordet. – Vors.: Wenn sich Lenz

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/49&oldid=- (Version vom 1.8.2018)