Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 4 (1911).djvu/71

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

wenn sie eine Frau Berger, geborene Liebetruth ist, das Recht der Zeugnisverweigerung. Wäre die Heirat zustande gekommen, dann hätte die Liebetruth zweifellos ihre Aussage verweigert. Der Angeklagte, der sich 18 Jahre von der Liebetruth, von deren Sündengeld hat ernähren lassen, hat mit ihr Kunsttouren durch alle Großstädte Deutschlands unternommen und ist dann mehrfach unter falschem Namen aufgetreten. In Altona ist er unter falschem Namen bestraft worden. – Der Staatsanwalt ging darauf näher auf die belastenden Umstände ein. – Das Hauptbelastungsmoment ist der Korb. Der Angeklagte sagt: er habe den Korb einem Mädchen geschenkt. Es sind öffentliche Aufrufe erlassen worden: das Mädchen solle sich melden. Es hat sich aber bis heute noch niemand gemeldet. Das Fehlen des Korbes fürchtete der Angeklagte sofort. War der Korb auch zunächst nicht vorhanden, so lag doch die große Gefahr vor, der Korb könnte aufgefunden werden. Und nach einigen Tagen wurde der Korb gefunden und zwar in der Nähe der Stelle, wo die Leichenteile gefunden wurden. In dem Korb sind nicht nur Blutspuren, es ist von dem Gerichtschemiker Herrn Dr. Jeserich außerdem festgestellt worden, daß in dem Korbe sich Wollfasern gefunden haben, die mit dem des rotwollenen Unterrocks übereinstimmen und auch ein Farbstoff ist im Korbe gefunden worden, der mit dem der Tragbänder des Unterrocks übereinstimmt. Herr Dr. Jeserich hat aber außerdem festgestellt, daß der Bindfaden, mit dem die Leichenteile verschnürt waren, genau mit dem Bindfaden übereinstimmt, der in der Liebetruthschen Wohnung gefunden wurde. Ich muß allerdings hervorheben, daß Blutspuren in der Wohnung nicht gefunden wurden. – Der Staatsanwalt ging alsdann näher auf die Einzelheiten der Beweisaufnahme ein und kam zu dem Schluß: Ich habe die Überzeugung, m. H. Geschworenen, Sie werden keinen Zweifel mehr haben: Kein anderer als Berger ist der Mörder. Der Angeklagte kam am 9. Juni vormittags gegen 11 Uhr in etwas angetrunkenem

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/71&oldid=- (Version vom 1.8.2018)