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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

vorgehalten. – Angekl.: Ein solcher Vertrag kann doch geändert werden. – Vors.: Ihre Frau hatte bestimmt, daß ihr Vermögen im Depot des Halleschen Bankvereins bleiben solle. Kaum waren sie aber verheiratet, da schrieben Sie an den Halleschen Bankverein, unter Nachahmung der Handschrift Ihrer Frau: das ganze Depot solle an die Bayerische Filiale der Deutschen Bank in München überwiesen werden. – Angekl.: Meine Frau hatte es sich inzwischen anders überlegt. – Vors.: Weshalb schrieb alsdann nicht Ihre Frau an den Halleschen Bankverein? – Angekl.: Meine Frau war krank und zwar nicht bloß körperlich, sondern auch psychisch. – Vors.: Sie behaupten, Ihre Frau sei so krank gewesen, daß sie nicht die paar Zeilen an den Halleschen Bankverein schreiben konnte? – Angekl.: Jawohl. – Vors.: Es wird Ihnen von Zeugen gesagt werden, daß das nicht wahr ist; Ihre Frau war am 16. November 1903 nicht krank, sie hat sogar an diesem Tage einen längeren Brief an eine Freundin geschrieben. Hier ist dieser Brief. – Der Vorsitzende verlas den Brief und äußerte: Es ist doch sehr merkwürdig, daß Ihre Frau einen solchen langen Brief, aber nicht ein paar Zeilen an den Halleschen Bankverein schreiben konnte. – Angekl.: Meine Frau war jedenfalls im Augenblick nicht disponiert und hat mir daher den Brief diktiert. – Vors.: Sie schrieben nun an die „Hallesche Vereinsbank“, während das Vermögen Ihrer Frau im „Halleschen Bankverein“ deponiert war. – Angekl.: Das war ein Schreibfehler. – Vors.: Es ist kaum möglich, daß Ihre Frau sich eines solchen Irrtums schuldig gemacht haben soll. Ihre Frau war in Halle a. S. geboren und hatte seit mehreren Jahren ihr Vermögen bei dem Halleschen Bankverein deponiert. Ihre Frau hat seit Jahren mit dem Halleschen Bankverein verkehrt, da ist ein solcher Irrtum kaum möglich. – Angekl.: Ein solcher Irrtum ist in der Eile immer möglich. Ich habe selbst 2 Jahre in Halle gelebt und kannte den Halleschen Bankverein ganz genau. – Vors.: Weshalb

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)