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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

in Wien auch fleißig gearbeitet haben. Er wurde jedoch sehr bald (Mitte Dezember 1910) infolge des Steckbriefes in Wien verhaftet und nach Berlin ausgeliefert. Bezüglich des Falschspiels reichte jedoch zunächst das Belastungsmaterial nicht aus, um eine Anklage zu begründen, zumal Stallmann spurlos verschwunden war. Da man sich aber nicht, wie im Falle des Fürsten Eulenburg, den Vorwurf machen lassen wollte, daß man die Kleinen hängt und die Großen laufen läßt und es auch wohl Aufsehen gemacht hätte, wenn Graf Metternich wegen Mangels an Belastungsmaterial wieder entlassen worden wäre, so wurden auf Grund der Zivilprozeßakten die zahlreichen Gläubiger des Grafen als Zeugen geladen. Die österreichische Regierung erklärte sich einverstanden, daß der von ihr wegen Verdachts des Falschspiels ausgelieferte Graf Gisbert v. Wolff-Metternich auch wegen anderer Betrugsfälle bestraft werden kann. Es wurde deshalb Anklage wegen Betruges der zahlreichen Gläubiger des Grafen erhoben. Am 13. Juli 1911 hatte sich Graf Metternich vor der zehnten Strafkammer des Landgerichts Berlin I zu verantworten. Er bestritt, die Gläubiger betrogen zu haben. Er war der Überzeugung, daß es ihm möglich sein werde, die Schulden sämtlich zu bezahlen, da er zu der Annahme berechtigt war: er werde sehr bald der Schwiegersohn des großen Warenhausbesitzers Wolff Wertheim werden. Frau Wertheim versicherte jedoch als Zeugin: Der Angeklagte habe wohl in ihrer Familie verkehrt und sollte auch als „Reisemarschall“ nach Italien mitkommen. Er konnte aber nicht annehmen, daß ihm ihre Tochter die Hand zum Ehebunde reichen werde. Ihre Tochter hatte zu Oberleutnant v. Fetter bedeutend größere Zuneigung und habe oftmals gesagt: „Fetter ja, Metter nich.“ – Diese Aussage veranlaßte den Verteidiger, R.-A. Dr. Walter Jaffé die Ladung mehrerer Zeugen zu beantragen, die bekunden sollten, daß Frau Wertheim vollständig unglaubwürdig sei. Der Gerichtshof gab diesem Antrage statt, sah sich aber infolgedessen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/150&oldid=- (Version vom 6.1.2023)