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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

die Berechtigung einer Verhaftung beweisen wolle. Da hinaus laufe ja auch die Begründung des bereits jetzt schon über ihn gefällten Urteils, das jener Richter dieser Kammer seinem Freunde mitgeteilt habe. – Auf Ersuchen des Angeklagten teilte der Vorsitzende diesem die Namen der Beisitzer mit: Landgerichtsrat Brieskorn, Landgerichtsrat Elsner, Landrichter Kriener und Landrichter Menard. Da Landgerichtsrat Brieskorn neu in das Kollegium getreten war, so lehnte diesen der Angeklagte nicht ab. Unter Vorsitz des Landgerichtsrats Brieskorn trat hierauf, entsprechend den Vorschriften der Strafprozeßordnung, ein Dreirichterkollegium in Tätigkeit, um die Berechtigung der vorgebrachten Ablehnungsanträge zu prüfen. – Der Angeklagte begründete in erregtem Tone nochmals seinen Ablehnungsantrag und fügte hinzu, daß auch seine Behandlung im Gefängnis auf eine Befangenheit der zehnten Strafkammer hindeute. Diese Behandlung sei stellenweise ungeheuerlich gewesen. Er sei durch die Gefängnishaft krank und schwach geworden, habe, da ihm dies erlaubt sei, auf dem Bett gelegen, und als er nicht sofort aufstand, als ein Oberaufseher in die Zelle trat, sei er bestraft worden mit Entziehung des ganzen Essens und habe 48 Stunden bei Wasser und Brot zubringen müssen. Er habe sich darüber bei der zehnten Strafkammer beschwert, die Strafkammer habe aber die Beschwerde ohne richtige Begründung abgelehnt. Auch daraus habe er das Gefühl der mangelnden Unbefangenheit des Kollegiums erhalten. Die zehnte Strafkammer habe ihm geantwortet: er habe sich unvorschriftsmäßig verhalten; es gebe aber keine Vorschrift, in welcher bestimmt werde, daß ein Untersuchungsgefangener beim Erscheinen eines Aufsehers sich zu erheben habe. Er beantrage, den Vorsitzenden auf seinen Diensteid zu befragen, ob er vom Justizminister beeinflußt sei. – Staatsanw.-Rat Porzelt erklärte, daß der Angeklagte doch nicht Sachen vorzubringen habe, die gar nicht hierher gehören und überhaupt niemals geschehen seien. – Angekl.: Sie sind

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/157&oldid=- (Version vom 19.1.2024)