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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

auch aus Baden-Baden geschrieben und um 500 Mark gebeten, hierbei habe er allerdings fälschlich gesagt: „Die Braut ist da!“, doch habe er das nicht zur Täuschung der Zeugin getan, sondern mit Rücksicht auf die kleine Wette, die er abgeschlossen hatte. – In dem Brief, der alsdann zur Verlesung gelangte, hieß es: „Die Braut ist gestern angekommen; sie ist reizend. Es wird bestimmt etwas! Hurra! Ich freue mich auf ein Wiedersehen. Das wird ein fideler Abend werden!“ – Fräulein Elvira Gustke, eine fein gekleidete, sehr hübsche junge Dame, bekundete darauf als Zeugin: Ich habe dem Angeklagten, der s. Z. ein eigenes Automobil hatte und sehr viel Geld in den Nachtlokalen ausgab, ein Darlehen von 1000 Mark gegeben. Ich hatte keine Bedenken, daß ich das Geld wieder erhalten werde, ich hatte nur Bedenken, daß es überhaupt ein Graf Metternich war. Als ich dann aber aus Baden-Baden den Brief erhielt und dem Grafen noch mal 300 Mark pumpen sollte, verhielt ich mich ablehnend, da Metternich allem Anschein nach bei mir eine „Pumpstation“ anlegen zu können glaubte. Metternich lauerte mir dann auf der Straße auf und machte mir beinahe auf der Straße eine Szene. Ich habe Metternich dann noch wiederholt in Nachtlokalen gesehen, wie er einen Tausendmarkschein wechselte. Zu den Freunden des Grafen gehörte auch ein Herr von Rauch, der ein ganzes Paket Blankowechsel des Grafen bei sich trug. Als ich diesen auf den zweifelhaften Wert der Wechsel hinwies, schrie von Rauch: „Mein Freund Gisbert ist mir sicher!“ – Vors.: Graf Metternich behauptet jetzt, er hätte nie einen Pfennig von Ihnen erhalten, sondern Ihnen den Wechsel zum Geschenk gemacht? – Zeugin (in großer Entrüstung): Das ist nicht wahr. Graf Metternich hat mir sogar drohen lassen, mich wegen Wuchers anzuzeigen, weil ich 200 Mark Zinsen genommen hatte. Das ist gar nicht meine Profession. (Heiterkeit.) – Angeklagter: Die Zeugin sagt hier die Unwahrheit. Ich habe ihr den Wechsel geschenkt, dies hat

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/185&oldid=- (Version vom 19.12.2022)