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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

authentische Nachricht darüber erhalte, daß tatsächlich Stallmann nicht ausgeliefert werde, werde er sofort die Voruntersuchung schließen. Dies ist nun geschehen, die Voruntersuchung aber infolge der Anweisung des Justizministers nicht geschlossen worden. In der Anweisung steht: „Ich ersuche, den Untersuchungsrichter anzuweisen, eine Reihe näher bezeichneter Telegramme zu erlassen, damit Stallmann festgenommen werden könne, man vermute, daß er in Batavia oder Ceylon weile.“ Nun weiß doch jeder, welche Arbeit derartige Tätigkeit erfordert. Wir bleiben dabei, daß der Justizminister solche Anweisungen nicht geben darf, denn der Untersuchungsrichter muß in seinen Entschließungen und Maßnahmen vollständig frei sein. Da dadurch eine dem Angeklagten höchst empfindliche Verzögerung eingetreten ist, so ist unsere Behauptung richtig. Ich mache nochmals darauf aufmerksam, daß der Untersuchungsrichter selbst die Anweisung vorgelesen und ihm gewissermaßen bedauernd ausgedrückt worden ist: unter diesen Umständen kann die Voruntersuchung noch nicht geschlossen werden. Ferner habe ich noch folgendes vorzutragen: Es wird von dem Staatsanwalt fortwährend behauptet, daß der Angeklagte ein Lügner sei. Nun ist schon gestern die Behauptung des Angeklagten erörtert worden, ob bei dem deutschen Botschafter in London, dem Onkel des Angeklagten, angefragt worden ist, bevor die Verhaftung erfolgte. – Staatsanw.-Rat Porzelt: Ich bestreite das entschieden; es befindet sich eine derartige Anweisung nicht in den Akten. – R.-A. Dr. Jaffé: Zum Beweise der Glaubwürdigkeit des Angeklagten beantragen wir, die Stallmann-Akten vorzulegen. Es wird sich daraus ergeben, daß tatsächlich eine derartige Äußerung vorhanden ist: „Der deutsche Botschafter in London sei angefragt worden, ob er eingreifen oder intervenieren wolle.“ Darauf habe er erklärt, daß er dies nicht tun wolle, dem Verfahren solle freier Lauf gelassen werden, er bitte nur dafür zu sorgen, daß sein Name nicht unnütz in die Öffentlichkeit

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/190&oldid=- (Version vom 19.12.2022)