Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 6 (1912).djvu/205

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

gemacht hat. – Vors.: Wollen Sie sich über den Sachverhalt äußern, Angeklagter? – Angeklagter (sehr erregt): Ich möchte zuerst Frau Risch hören. Ich halte es für viel richtiger, ganz zu schweigen, denn mir wird ja doch nichts geglaubt. Wenn ich mich äußere, wird vielleicht die Stimmung des Gerichts noch mehr beeinflußt. (Mit erhobener Stimme:) Gestern schon hat man meiner armen Frau, die empört ist über die Behandlung, die ich hier zu erdulden habe, eine Ordnungsstrafe auferlegt. – Die Verteidiger baten, eine kleine Pause zu machen, da der Angeklagte offenbar außerordentlich erregt sei. – Vors.: Ich zweifle sogar an seiner Verhandlungsfähigkeit. Man muß fast daran zweifeln, wenn sich der Angeklagte so benimmt. – Es wurde eine Pause gemacht; während dieser wurde der Angeklagte unter Zuspruch der Verteidiger und des Dr. Forster wieder ruhiger. – Nach Wiederaufnahme der Verhandlung wurde der Fall Risch erörtert. – Der Angeklagte hat am 22. Februar 1910 durch Vermittlung des Stallmeisters Meschede das im Tattersall am Kurfürstendamm stehende Reitpferd der verwitweten Frau Risch gekauft. Der Kaufpreis war auf 2500 Mark vereinbart. Der Angeklagte hat dafür einen Wechsel gegeben, soll aber das Pferd, welches er, wie er behauptet, nicht reiten konnte, weil es einen Koller hatte, sehr bald weiter verkauft haben. Der Angeklagte stellte die Sache so dar, daß er bei diesem ganzen Pferdekauf gründlich hineingefallen sei, denn das Pferd sei viel zu teuer bezahlt worden. Er bestritt auch die Behauptung der Frau Risch, daß er das Pferd zu eigener Benutzung gekauft habe. Über den Wert des Pferdes und die Umstände, unter welchen der Pferdekauf zustande gekommen war, ergaben sich die üblichen Meinungsverschiedenheiten zwischen der Zeugin und dem Angeklagten. Auf Befragen des Staatsanw.-Rats Porzelt gab die Zeugin zu, daß sie bei dem Botschafter Grafen M. in London angefragt habe, ob er die Schuld des Angeklagten begleichen wolle. Dieselbe Anfrage

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/205&oldid=- (Version vom 23.12.2022)