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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

der sie in der Verhandlung heftig angegriffen hatte, und fragte bei ihm an, ob er ihr Reisegeld zum nächsten Termin schicken wolle. Versteht der Herr Staatsanwalt nicht, was in dieser Frage liegt? Und was hat der Kollege Jaffé daraufhin getan? Er hat zum nächsten Termin die Ladung von Zeugen beantragt, die bezeugen sollten, daß die Zeugin während des vorigen Termins in Berlin war, also böswillig nicht an der Gerichtsstelle erschienen sei. – Staatsanw.-Rat Porzelt: Es kommt nur auf folgendes an: Die Zeugin kommt aus Petersburg zurück; sie meldet sich bei dem Verteidiger, weil der Verdacht des Meineides gegen sie ausgesprochen war; sie gibt ihre Adresse an und gibt zu erkennen, daß sie vernommen werden möchte. Das war am 14. Juli. Am 12. August kommt eine Eingabe des Verteidigers, in welcher steht, daß die Zeugin sich der Vernehmung zu entziehen bestrebt sei. Das ist es, was ich dem Verteidiger vorwerfe und was ja noch weitere Folgen haben wird. – Der Gerichtshof lehnte den Antrag auf Vernehmung des R.-A. Dr. Jaffé als Zeugen ab, weil dem Gericht der Sachverhalt aufgeklärt erschien. – R.-A. Dr. Jaffé: Gegenüber den Anwürfen des Staatsanwalts, die den ganzen Anwaltsstand angehen, möchte ich doch um die Erlaubnis bitten, den Sachverhalt klarzulegen. Der Staatsanwalt hat wiederum eine Art Drohung gegen mich ausgesprochen. Ich kann ihm nur sagen, daß solche Drohung auf mich keinen Eindruck macht. Wenn der Staatsanwalt den schon mehrmals dargestellten Sachverhalt nicht verstehen will, so ist dies seine Sache. Ich aber kann doch wohl wenigstens verlangen, daß ich mehr Glauben verdiene, als diese Dame hier. Ich bitte, mich als Zeugen zu vernehmen. – Vors.: Nach Ansicht des Gerichts ist der Fall von beiden Seiten genügend aufgeklärt. – R.-A. Dr. Jaffé bat, dann wenigstens den Inhalt seines vom Staatsanwalt so bekrittelten Beweisantrages vortragen zu dürfen. Dies geschah. Dr. Jaffé trug den Sachverhalt kurz so vor, wie

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/210&oldid=- (Version vom 24.12.2022)