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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

Gerichtshof beschloß, Landrichter Dr. Dreist als Zeugen zu laden. – Zur Verhandlung gelangte hierauf folgender Anklagefall: Im März 1910 kam Graf Metternich zu dem Gärtner Riesbeck in der Neustädtischen Kirchstraße, bei dem er schon öfter kleine Bestellungen gemacht hatte. Er bestellte einen Rosenstrauß zum Preise von 50 Mark für eine Künstlerin, die im Kaiserhof wohnte. Er soll dabei gesagt haben, er kaufe sonst bei Bock, wo er einen Kredit von 200–300 Mark habe. Er werde aber dort überteuert. Die teuren Rosen, die die besten sein sollten, die es gab, wurden beschafft. Riesbeck hat später vergeblich versucht, Zahlung zu erhalten. Er mußte deshalb den Klageweg beschreiten. Erst im August 1911 ist Zahlung geleistet worden. – Der Angeklagte bestritt, sich eines Betruges schuldig gemacht zu haben. Er habe diese Bagatelle einfach vergessen. – Riesbeck: Er habe dem Angeklagten den Kredit gewährt, weil er sich überzeugt hatte, daß es sich wirklich um den Grafen Metternich handelte. – Direktor des Esplanade-Hotels Frey bekundete: Der Angeklagte hat im Esplanade-Hotel verkehrt und Essen und Trinken stets bezahlt. Einmal habe ich ihm ein Darlehen von ca. 100 Mark, das ich wiedererhalten habe, gegeben. Der Graf erzählte dabei, daß er reich heiraten werde. Eines Abends kam er wieder und wollte von neuem Geld von mir leihen; ich lehnte das aber ab. Dann kam er und gab mir einen Scheck, auf den ich ihm 100 Mark lieh. Nach drei Tagen kam der Scheck zurück, weil keine Deckung vorhanden sei. Auf Vorhalt und Drohung mit einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft hat der Angeklagte die Deckung besorgt und den Scheck zurückerhalten. Der Zeuge bekundete weiter: Metternich habe stets von seiner Mittellosigkeit gesprochen und ihm erzählt, daß er nur 30 Mark monatlich von seinem Vater erhalte, er denke aber, Schwiegersohn der Wertheims zu werden. Er hat den Angeklagten mehrfach mit Wertheims gesehen. – Angeklagter:

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/226&oldid=- (Version vom 25.12.2022)