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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

nichts mit den Artikeln in der Presse zu tun, da müssen Sie sich schon an den Verfasser und den verantwortlichen Redakteur wenden. – Zeuge Pauli (zum Vorsitzenden): Sie haben das doch alles hier vorgebracht, Sie sind also dafür verantwortlich. – Hierauf wurde Untersuchungsrichter, Landrichter Dr. Dreist, als Zeuge vernommen. – Vors.: Der Angeklagte behauptet, daß Sie von dem Justizminister die Anweisung erhalten hätten, die Voruntersuchung gegen den Angeklagten, soweit er in der Stallmann-Affäre in Frage kommt, noch nicht zu schließen? – Zeuge: Eine derartige Verfügung ist nicht ergangen, es ist dies völlig ausgeschlossen. Ich selbst habe seinerzeit, als ich die Fälle des Kreditbetruges genügend aufgeklärt, dagegen die Falschspielfälle für nicht aufgeklärt hielt, diese Verfahren voneinander getrennt. Als ich seinerzeit die Nachricht erhielt, daß der „Baron Korff-König“ alias Stallmann in Kalkutta festgenommen sei, habe ich zu dem Angeklagten geäußert, ich werde, sobald ich die amtliche Nachricht erhalte, daß Stallmann nicht ausgeliefert werde, sofort die Voruntersuchung schließen. Als ich dann die amtliche Nachricht erhielt, Stallmann werde nicht ausgeliefert, ließ sich bald darauf der Angeklagte vorführen und erinnerte mich an jenes Versprechen. Ich äußerte in verbindlicher Form, daß es mir leid tue, augenblicklich nicht die Voruntersuchung schließen zu können, da ich auf Grund eines Ersuchens des Justizministers, erst noch weitere Maßregeln vorzunehmen hätte. Ich hatte gar keine Bedenken, dies dem Angeklagten mitzuteilen, außerdem konnten die Verteidiger jeden Augenblick Einsicht in die Akten nehmen. – Vors.: Eine direkte Anweisung, die Voruntersuchung nicht zu schließen, haben Sie also nicht erhalten? – Zeuge: Nein. Der Herr Justizminister hatte keinerlei Kenntnis über den ganzen Stand der Sache; er konnte gar nicht wissen, ob ich die Absicht hatte, die Voruntersuchung zu schließen oder nicht. Der Herr Justizminister konnte also auch gar nicht eine Anweisung geben, die Voruntersuchung nicht

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/233&oldid=- (Version vom 27.12.2022)