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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

von[WS 1] 24 Stunden Haft festgesetzt. Diese soll vorläufig nicht vollstreckt werden. – (Zeuge Pauli: Wofür soll ich denn bestraft werden? Wollen Sie das zurücknehmen, was in der Zeitung stand? Ich verurteile Sie dafür zu 1500 Mark Geldstrafe. – (Zeuge Pauli verließ empört den Saal.) Das Gericht hat ferner beschlossen, den Angeklagten wegen seiner Äußerung: „Das wollen unparteiische Richter sein,“ da er Untersuchungsgefangener ist, in eine Disziplinarstrafe von Kostbeschränkung auf Wasser und Brot auf 48 Stunden zu nehmen. – Angeklagter (mit erhobener Stimme): Meinetwegen 100 Stunden Wasser und Brot, meinetwegen auch Kopf ab! Die Richter sind von mir moralisch gerichtet, die Öffentlichkeit wird mir recht geben. Alles kann man in Preußen denn doch noch nicht knechten. Im übrigen will ich jetzt essen und verlange eine Pause. – Es folgte eine kurze Mittagspause. – In der Nachmittagssitzung erbat sich der Angeklagte das Wort zu folgender Erklärung: „Ich protestiere gegen die 48 Stunden Disziplinarstrafe. Das Gericht hat nur das Recht, entweder eine Geldstrafe oder eine Haftstrafe zu verhängen. Ich habe die Bemerkung „das wollen unparteiische Richter sein“, lediglich zu meinem Anwalt getan. Ich werde doch wohl meinem Anwalt noch meine innere Überzeugung ausdrücken können. – Vors.: Ich habe selbst jene Äußerung gehört. Außerdem will ich Ihnen mitteilen, daß Ihnen gegen die Verhängung der Ordnungsstrafe das Beschwerderecht zusteht. – R.-A. Dr. Alsberg: Ich bitte den Gerichtshof, mir mitteilen zu wollen, auf Grund welchen Gesetzes das Gericht die Strafe verhängt hat. Nach § 179 der Gerichtsverfassung ist das Gericht nicht befugt, eine derartige Strafe zu verhängen. Der Angekalgte hat jene Äußerung als Angeklagter in der Sitzung getan und nicht als Untersuchungsgefangener. – Vors.: Das Gericht verweist nochmals auf den Weg der Beschwerde. – R.-A. Dr. Alsberg: Wenn das Gericht die Ordnungsstrafe in der Sitzung erläßt, dann

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/238&oldid=- (Version vom 27.12.2022)