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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

habe. Ich werde ihm dann so antworten, wie es unter gebildeten Leuten üblich ist. Der Staatsanwalt hat angedeutet, ich wüßte von Beziehungen meiner Ehefrau zu einem Verehrer, und ich wüßte, daß sie die Revenuen von zwei Millionen beziehe. Ich hätte also von unlauteren Beziehungen gewußt und auch gewußt, woher die Gelder kommen. Das ist eine ganz unglaubliche Beleidigung. Der Herr Staatsanwalt hat den Mut, so etwas der armen Frau noch zu sagen, von der er weiß, daß sie sich nicht wehren kann. Ihm wird so etwas gestattet, aber wenn ich, der ich durch die lange Untersuchungshaft körperlich herabgekommen und nervös geworden bin, in der Erregung über das, was mir und meiner Frau angetan wird, etwas zu weit gehe, dann erhalte ich sofort eine Ordnungsstrafe. Traurig ist es, daß ein Staatsanwalt so etwas sagt; er müßte doch so objektiv sein, nicht private Dinge hier auszukramen, die noch dazu nicht wahr sind. Wir verhandeln doch hier keinen Ehescheidungsprozeß „Metternich kontra Metternich!“ Wie konnte er bei meinem Schwiegervater die erwähnten Ermittlungen anstellen! Wenn ich meine Frau heirate, so ist das doch wohl genügend! Ich will den Herrn Staatsanwalt nicht beleidigen, wenn ich sage, er ist doch mindestens 15 Jahre älter wie ich. – Vorsitzender (unterbrechend): Es ist zweckmäßiger, wenn Sie sich weniger mit der Person des Staatsanwalts beschäftigen würden! – Angeklagter (mit erhobener Stimme fortfahrend): Es ist doch aber meine verfluchte Pflicht und Schuldigkeit, meine arme Frau gegen derartige infame Anschuldigungen in Schutz zu nehmen. – Vors.: Ich mache Sie nochmals darauf aufmerksam, daß dies nicht der Ton ist, in dem man vor Gericht spricht. Ein Prozeßverfahren ist nicht möglich, wenn Sie sich nicht parlamentarischer Ausdrücke bedienen. – Angeklagter: Ich will nun etwas über die Gustke sagen. Wenn ich wirklich von ihr das Geld bekommen hätte, aus welchem Grunde sollte ich gerade sie schädigen und ihr nichts zurückzahlen, da ich doch so vielen andern

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/269&oldid=- (Version vom 2.1.2023)