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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

Da der Angeklagte lange Zeit in Untersuchungshaft gesessen, hat der Gerichtshof es für angezeigt erachtet, ihm sechs Monate auf die Strafe als verbüßt anzurechnen. Die Kosten des Verfahrens werden, soweit Verurteilung erfolgt ist, dem Angeklagten, soweit Freisprechung erfolgt ist, der Staatskasse auferlegt. Ich schließe die Sitzung. – Angekl. Graf Metternich (sehr erregt): Ich mache von dem Rechtsmittel der Revision Gebrauch! Ungerecht! Natürlich! Der Name mußte verurteilt werden, das ist ja selbstverständlich, das habe ich schon vor vier Wochen gesagt. Den Grafen Metternich kann man nicht laufen lassen; wenn es ein Schultze oder Müller gewesen wäre, hätten die Herren anders geurteil. Das ist deutsche Gerechtigkeit! In Rußland wäre so etwas nicht möglich gewesen. – Als die Verteidiger den Angeklagten zu beruhigen suchten, rief er mit lauter Stimme: Ich soll Horch falsche Tatsachen vorgespiegelt haben? Hahaha! Das ist klassisch! Bei solcher verdammten Ungerechtigkeit soll man ruhig bleiben! – Der Angeklagte wurde nach kurzer Besprechung mit seiner Gattin und den Verteidigern in das Untersuchungsgefängnis zurückgeführt. – Der Angeklagte hat schließlich auf Revision verzichtet und sich bereit erklärt, die drei Monate sofort zu verbüßen, da ein Antrag auf Haftentlassung abgelehnt wurde. Inzwischen ist gegen den Grafen Gisbert v. Wolff- Metternich und den Rumänen Bejos die Anklage wegen Falschspiels erhoben worden. Der Hauptangeklagte, der sogenannte König der Falschspieler, der angebliche Freiherr v. Koeff-König, dessen richtiger Name Stallmann ist, wird auf der Anklagebank nicht erscheinen, da die Behörde in Kalkutta die Auslieferung abgelehnt hat.

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/281&oldid=- (Version vom 4.1.2023)