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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

Ich habe niemals die geringste Wahrnehmung gemacht, daß Dinger geistig nicht normal ist. – Tapezier Koßlig (Berlin): Ich habe den Angeklagten für einen Zuhälter gehalten. In Berlin gibt es viele Zuhälter, die aufs eleganteste gekleidet gehen. Selbst viele verheiratete Männer sind Zuhälter bei ihren Frauen. – Detektiv Teupold: Nitter rühmte sich, daß er eine große Fertigkeit im Kartenlegen besitze. Er erzählte: Er verdiene damit viel Geld. Die Weiber seien ganz toll auf das Kartenlegen und bestürmen ihn. – Vors.: Nitter hat wohl überhaupt viel Verkehr mit Weibern gehabt? – Zeuge: Jawohl. – Nachmittags wurde der Angeklagte in Sträflingskleidung vorgeführt. Er äußerte: Dinger sei ein ungemein nervöser Mann, so daß man ihn für halb verrückt bezeichnen könne. – Nitter sollte alsdann über seine Reise aus Anlaß von Vorgängen, die mit § 175 des Strafgesetzbuchs in Verbindung stehen, erzählen. Der Staatsanwalt beantragte, während dieser Bekundung die Öffentlichkeit auszuschließen. Nach kurzer Beratung gab der Gerichtshof dem Antrag des Staatsanwalts statt, da eine Gefährdung der öffentlichen Sittlichkeit zu befürchten sei. Dem Magdeburger Polizeipräsidenten, den als Zeugen geladenen Magdeburger und Berliner Kriminalkommissaren, zwei ausgelosten Geschwornen und den Vertretern der Presse wurde der Zutritt gestattet. – Nitter erzählte alsdann mit großen Umschweifen: Ich habe am 20. Oktober 1908 im Restaurant Siechen in der Behrenstraße in Berlin die Bekanntschaft zweier Ulanenoffiziere gemacht, von dem mir der eine einen unzüchtigen Antrag machte. Der Offizier stieß mich mit dem Fuß, über das, was weiter geschah, verweigere ich die Aussage. Diesen Vorgang habe ich am folgenden Tage dem Knitelius in „Café Viktoria“ erzählt. Knitelius versetzte: Ihm sei ebenfalls ein solches Anerbieten gemacht worden. Ich schlug darauf Knitelius vor, nach Magdeburg mit mir zu fahren. Knitelius lehnte aber ab mit dem Bemerken, er habe einem

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/51&oldid=- (Version vom 6.12.2022)