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wollen; aber Sie vergessen auch alles, was Sie vergessen wollen, in einem Augenblick. Wenn ich Ihnen, da Sie noch klein waren, eine Puppe zeigte, und Sie fragte, ob Sie mich auch lieb hätten, und mich auch lieben wollten, wenn Sie einmal groß würden: so bekräftigten Sie dieses mit einem dreusten Ja, jetzt wollen Sie nichts mehr davon wissen. Barmherzig, das sind die Schönen selten, so lang sie schön sind. Seit undenklichen Jahren her sind die Schönen grausam gewesen, und selbst das glückselige Arkadien hat in dem goldnen Weltalter spröde Schäferinnen aufzuweisen gehabt. Indessen, wie keine Regel ohne Ausnahme ist, so könnte es seyn, daß Sie zu dieser Ausnahme gehörten, und eine barmherzige Schöne wären. Man sagt, daß einige große Herren die Staatsmaxime gehabt, daß sie, um sich bei ihren Unterthanen eine desto größere Achtung zu erwerben, erstlich dem Volk schwerere Schatzungen auferleget, hernach aber solche vermindert hätten, um ihre Gnade sehen

Empfohlene Zitierweise:
Johann Karl August Musäus: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N *** in Briefen entworfen. Band 3. Michael Gottlieb Griesbach, Eisenach 1762, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grandison_der_Zweite_3.pdf/65&oldid=- (Version vom 1.8.2018)