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Du sollst den guten Rat haben, mein Kind, den du suchst. Doch fordere ich eins von dir, daß du in jedem Stück mir gehorsam bist, was ich auch fordern werde! – Dann, verspreche ich dir, stirbt der Gretter!“ –

Thorbjoern gab die Zusicherung seiner Folgsamkeit, erhob sich, und ging, von neuem Mut beseelt.

Der Sommer war verlaufen bis zur Mitte des August. Da schickte eines Tages die Alte zu Oengul. Zu dem Eintretenden sagte sie:

„Heut ist das Wetter heiter und stille, begieb dich zur Stunde nach der Drang-ey, und bring den alten Streit mit Gretter wiederum zur Sprache. Ich selbst will dich[1] dorthin begleiten. Du machst mir ein Lager in dem Schiff zurecht, legst mich hinauf, und deckst mich dann mit Decken zu. Mich soll der Gretter nicht sehen. Aber um so mehr will ich ihn sehen, und auf seine Worte merken. Dann kann ich es prüfen, ob diesem Mann in Zukunft das Glück noch lächeln wird, ob nicht.“

„Ich bin dieser Reisen nach der Drang-ey müde,“ brauste Oengul auf. „Sie haben mir bisher nur Schimpf und Schande eingebracht“ –

„Und ich helf dir nicht,“ zürnte das Weib, „wenn du mir nicht blind gehorchst!“

„Laß es denn gut sein, Pflegemutter,“ begütigte Thorbjoern, „die Fahrt soll ja geschehen!“ –

„Mein Sohn, unter tausend Stunden in diesem Leben giebt es nur wenig günstige; die heutige ist uns hold! Laß sie nicht ungenützt verstreichen! Doch Mühe und Beschwerde wird es kosten. Und das sag ich dir voraus. Ob Gretter auch fallen wird, Glück bringt diese That dir selber nicht! Indessen Versprechungen, von dir gegeben, binden dich. Hier hilft kein Zaudern. Hier heißt’s vorwärtsgehen!“

Thorbjoern ließ ein zehnrudriges Schiff in Dienst stellen, und stieg selbstelfter ein. Die Amme legten sie auf Kissen in das Schiff, und mit wollenen Decken deckte man sie zu. So ruderten sie nach der Drang-ey hin. Als Gretter und Illuge den Thorbjoern kommen sahen, traten sie an die Leitern.

Thorbjoern rief von unten hinauf:

„Ich bin noch einmal gekommen, Gretter, um zu hören, ob du nicht gesonnen bist, freiwillig die Insel zu verlassen. Thust du das, so soll alles vergeben und vergessen sein, dein gewaltsames Eindringen, dein unerlaubtes Hausen, und der Geldverlust, welcher durch beides mir geworden ist. Laß uns in Güte von einander scheiden!“ –


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ich


Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/251&oldid=- (Version vom 1.8.2018)