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Tiefe herauf hörte er deutlich das Brummen der Bestie. Sie hatte also ihr Lager noch nicht verlassen. Bjoern legte sich nun quer über den Weg und zog seinen großen Schild, wie eine Decke, über sich. Es war sein Plan, unter dem Schilde hervor den über ihn hinweg schreitenden Bären zu verwunden und, glückte es, ihn tödlich ins Herz zu treffen.

Der Bär witterte die Nähe eines Menschen und darum verschob er einige Zeit seinen nächtlichen Raubzug. In diesem Warten wurde Bjoern müde. Ihn übermannte der Schlaf und er schlief unter seinem großen Schilde fest ein. Der Bär stieg nun aufwärts. Als er an die Stelle kam, wo der schlafende Mann lag, beschnupperte er den Schild, faßte ihn mit seiner Tatze, zog ihn weg und stieß ihn über den Felsenrand hinab.

Bjoern erwachte davon, sprang entsetzt auf und lief aus Leibeskräften nach Hause. Nur mit knapper Not entkam er der verfolgenden Bestie.

Seine Kameraden hatten aus einem Versteck den ganzen Vorgang belauscht. Am nächsten Morgen holten sie den halbzerschmetterten Schild aus den Klippen herauf, zeigten seine Risse und Sprünge umher als die angeblichen Wunden aus der großen Bärenschlacht und es gab nun der Spottreden und des Gelächters genug.

Weihnachten war nahe. Es fror stark. Das Futter wurde draußen knapp und die Ausbrüche des Bären wurden immer frecher. Dem entsprechend waren auch die Verluste Thorkels an seinen Herden größer. Und nichts war bisher erreicht trotz Bjoerns Prahlerei.

Da bot Thorkel eines Tages sieben der Stärksten unter seinen Leuten auf.

Die Bärenschlacht sollte nun in allem Ernst geschlagen werden.

In Thorkels Gefolge befanden sich auch Gretter und Bjoern. Gretter trug einen langen zottigen Mantel zum Schutz gegen die Kälte. Den warf er oben ab, als es zum Abstieg kam.

Dem Bären in seiner Höhle beizukommen, war sehr schwer. Der Zugang war schmal, steil abfallend und bot wenig Deckung. Nur einer hinter dem anderen konnte hinab. Bjoern trieb die Leute an, vorzugehen; aber sich selbst hielt er unter Deckung.

Die Verwegensten drangen vor und stießen mit ihren Speeren in die Höhle hinein. Aber der Bär wich diesen Stößen geschickt aus, ohne selbst zum Angriff überzugehen.

So verlief der Vor- und Nachmittag und man beschloß, ohne etwas erreicht zu haben, den Rückzug.

Empfohlene Zitierweise:
Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/64&oldid=- (Version vom 1.8.2018)