Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 042.jpg

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aber Mord und Tod ist darauff erfolgt’. Lafontaine gedenkt des Umstands mit der weißen Pfote, die das Geißlein zu sehen verlangt wie in unserm Märchen: ‘Montrez-moi patte blanche!’ Und die Brüder Grimm entsannen sich (1812 S. VI) eines Bruchstückes aus einem französischen Kindermärchen: Der Wolf geht zum Müller, reicht ihm die graue Pfote hin und spricht: ‘Meunier, meunier, trempe-moi ma patte dans ta farine blanche!’ ‘Non non, non non.’ ‘Alors je te mange’. Da tut es der Müller aus Furcht.

In russischen Märchen läßt sich eine Hexe, die den im Kahne fischenden Knaben mit ihrer heiseren Stimme nicht ans Ufer locken kann, vom Schmiede ihre Zunge so dünn schmieden, daß der Knabe sie bei Nacht für seine Mutter hält und ihr folgt: Großrussisch Afanasjev³ nr. 62 a. d, nr. 63; Chudjakov 2, 60 nr. 52. Živaja starina 13, 405. 20, 98. 99. 100. 102. Kleinrussisch Afanasjev³ nr. 62 c; Kuliš 2, 17; Rudčenko 2, 38 nr. 15 (Drache statt Hexe); D. Mordovcev, Malorus. literat. sbornik p. 366; Čubinskij 2, 406 nr. 116; Dragomanov S. 353 nr. 32; Malinka S. 272, 10. Mater. antropol.-archeol. i etnograf. 2, 2, 72 nr. 42; Weißrussisch Afanasjev³ nr. 62 b. Romanov 3, 268 nr. 49 a–b. Mater. język. 2, 137. Ähnlich litauisch: Dowojna Sylwestrowicz 1, 111. Bulgarisch im Sbornik nar. umotv. 4, 158 (Bär und Kind des wilden Weibes). Sartisch bei Ostroumov 2, 142. In einem Zulumärchen bei Callaway p. 144 ‘The girl and the cannibals’ verstellt ein Menschenfresser seine Stimme, als er bei dem einsamen Mädchen Einlaß begehrt.


6. Der getreue Johannes. 1856 S. 16.

1819 nr. 6: aus Zwehrn (eingesetzt für 1812 nr. 6 ‘Von der Nachtigall und der Blindschleiche’ = unten nr. 6a). Wahrscheinlich ist ausgefallen, daß ein Zauberweib den jungen König aus irgend einem Grunde hat verderben wollen.[1]


  1. Zu den Worten des Königs ‘Wenn alle Blätter an den Bäumen Zungen wären, sie könnten meine Liebe nicht aussagen’ vgl. R. Köhler, Kl. Schriften 3, 293. Zs. f. Vk. 11, 331. 12, 170. 17, 310. – Das Brauthemd (ein gemachtes heißt es nach dem Volksausdruck im Gegensatz zu dem bloß zugeschnittenen), das den, der es anzieht, mit Feuer verzehrt, gleicht ganz dem Gewand, das Deianira dem Herakles und Medea der Glauke schickt.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_042.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)