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Reissiger diesen Wirkungskreis noch nicht ansehen, denn dazu war sein Amt zu wenig ergiebig. Er hoffte aber, sobald sein Konservatoriumsplan verwirklicht werden würde, besser zu fahren. Den neuen umgearbeiteten Plan hatte er auch bald dem Ministerium eingereicht[1], aber wegen Mangel an Geld konnte die Regierung die Idee jetzt überhaupt nicht weiter verfolgen, und so unterblieb die Verwirklichung des Reissigerschen Konservatoriums gänzlich. Der Plan ist allerdings im wesentlichen für den späteren Ausbau der Berliner musikalischen Hochschule grundlegend geblieben.

Während die Angelegenheit noch schwebte, erhielt Reissiger 1826 im Juli einen Ruf nach dem Haag, um dort ein Konservatorium zu gründen und zu leiten. In einem Berliner Brief vom 13. Oktober 1826[2], in welchem er schon wegen Dresden verhandelt, schreibt Reissiger: „Eine mir angetragene Stelle als Direktor des Konservatoriums im Haag mit 900 Talern habe ich ausgeschlagen, weil man hier ebenfalls mit Einrichtung eines ähnlichen Instituts schwanger geht und ich undankbar gegen das Ministerium zu handeln glaubte, das mich auf meinen Reisen unterstützte.“ Nun wurde aber leider aus Berlin nichts, und der Ruf im Oktober desselben Jahres nach Dresden brachte eine neue, willkommene Wendung.

Doch zunächst müssen wir noch von Berlin weiter berichten. Im vorerwähnten Briefe ist ebenfalls zu lesen, daß Reissiger ein Fixum von 500 Talern am musikalischen Lehrinstitut erhielt, also hatte er binnen kurzer Zeit 100 Taler zugelegt bekommen. Dabei brauchte er nur wenig Unterricht zu erteilen, so daß er durch Privatstunden noch viel verdienen konnte. Er steigerte sein Einkommen auf 900 bis 1000 Taler. Seine kompositorische Tätigkeit war auch wieder neu belebt und erfolgreich. Die von der Reise mitgebrachte Oper „Der Ahnenschatz“ ließ er zwar unbeendet liegen, weil ihm die textlich zu große Ähnlichkeit mit dem Freischütz immer mehr unpassend erschien, aber die Ouvertüre, die bei Hofmeister in Leipzig gedruckt

wurde, fand überall Aufnahme. Seine Lieder wurden gern gesungen. Besonders Madame Schultz, die bedeutendste Sängerin neben der großen Catalani, machte Reissigers Gesänge populär[3]. Nun wurde Reissiger 1826 auch aktives Mitglied der Berliner Singakademie. Für sie komponierte er und wirkte ebenfalls als reproduzierender Künstler[4]. Auch wurde er mit Rellstab, dem Kritiker der Vossischen Zeitung, und Ludwig Berger[5] befreundet. Reissiger schien in Berlin seit der kurzen Zeit seiner Rückkehr sogar außerordentliches Aufsehen als Künstler zu machen, so daß sogar Spontini, der Generalmusikdirektor (seit 1820 in Berlin herrschend, dabei nicht immer altruistisch denkend), ihn mit Angst betrachtete. Dieser hatte bereits C. M. v. Webers Wunsch, in Berlin Kapellmeister zu werden, zu


  1. Der Plan ist in der Besprechung einer 1851 von Dr. Eggers im Auftrag des preußischen Kultusministeriums verfaßten Denkschrift über eine „Gesamtorganisation der Kunstangelegenheiten“ (Deutsches Kunstblatt) in Einzelheiten erwähnt. (Vgl. Berliner Musikzeitschrift: Echo 1851 Nr. 51.)
  2. Original in der Kgl. Hof- und Staatsbibliothek München (bisher unveröffentlicht).
  3. A. M. Z. 1828 S. 858.
  4. Blumner, Geschichte der Singakademie zu Berlin, verzeichnet R. auch später (bis 1836) als Solosänger. So oft R. nach Berlin kam, war er Gast der Singakademie.
  5. 1777 – 1839 berühmter Lehrer für Klavier und Komponist. Mendelssohn, Henselt, Taubert waren u. a. seine Schüler.