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über das Allewerden der hannoverschen Kriegsmacht[1] ist eine tragikomische Illustration der anscheinend nicht mehr haltbaren Kleinstaaterei. Der tollste Wirrwarr jedenfalls in Westdeutschland.

Abreise des russischen und französischen Gesandten nach dem königlichen Hoflager in Prag.


Dienstag, 26. Juni.

Wir haben unsre regelmäßigen Morgenspaziergänge in den Großen Garten bei dem anhaltend schönen Wetter[2] wieder aufgenommen und betreiben sie ungestört. Unser schöner Großer Garten soll also seinem Schicksale nicht entgehen, stellenweise niedergeschlagen zu werden; die ingeniosen Ingenieure lassen sich nicht davon abbringen, Dresden diesen Gefallen zu erweisen. Heute ist an der Unterminierung von Strompfeilern sowohl der Marien- als der alten Elbbrücke begonnen worden. Ich werde darauf aufmerksam gemacht, ob es nicht im Verkehrsinteresse dringend geboten erscheint, schon jetzt für den effektiven Fall der Brückensprengung ein Holzjoch vorarbeiten zu lassen. Ich bringe die Sache an den Dringlichkeitsausschuß, erfahre aber, daß man nicht darauf eingegangen ist, die Sache nicht einmal zu Protokoll genommen hat, indem man ein derartiges Vorgehen zur Zeit als Landesverrat ansieht. Die Abtragung des Lämmchenvorwerks und der Hoffmannschen Villa an der Blumenstraße zu Schanzwerken sind angeordnet. Order und Kontreorder wegen Taxation. Es läuft ein Brief von Pilsen ein vom 22. dieses Monats, nach welchem sächsische Truppen dort gestanden haben[3]. Nach andern Nachrichten sind sie bei Jungbunzlau, also in der Richtung von Reichenberg. Vom Kriegsschauplatze keinerlei Nachrichten von irgendwelcher Erheblichkeit. Garibaldi demonstriert gegen Bayern[4].


  1. Die hannoveranische Armee war bereits am 25. Juni bei Langensalza zum größten Teil umstellt und nicht mehr in der Lage, den Marsch nach Süden zur Vereinigung mit den Bayern ohne Kampf fortzusetzen.
  2. Gegen Ende Juni 1866 herrschte sehr heißes, trockenes Wetter, unter dem die Truppen sehr zu leiden hatten.
  3. Nach Pilsen waren nur die sächsischen Depottruppen abgegangen. Die Armee selbst stand an der Iser zwischen Bakow und Jungbunzlau; Kronpring Albert hatte das Oberkommando auch über das ebenfalls an der Iser stehende 1. österreichische Korps Clam Gallas und die 1. österreichische leichte Kavalleriedivision übernommen.
  4. Garibaldi wollte gegen Tirol vorstoßen. Eine Meldung im Dresdner Journal vom 17. Juni besagte, daß die braven Tiroler mit über 50 000 Mann zu gebührendem Empfang der Rothemden an den Grenzen bereit ständen; eine andere vom 26. Juni, Garibaldi sei im Begriff, mit zwei Freischarenregimentern über den Comersee zu fahren.
Empfohlene Zitierweise:
Erwin Heyne (Hrsg.): Kriegstage in Dresden 1866 und 1870. i. A. des Verein für Geschichte Dresdens, Dresden 1933, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft31VereinGeschichteDresden1933.pdf/27&oldid=- (Version vom 27.4.2024)