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Sonntag, 24. Juni.

Wir bringen früh einen Kranz auf das Grab der Eltern. Nichts von neuen Nachrichten. Dresden hat nun eine stehende Garnison von Landwehr, die teils biwakiert, teils kaserniert, teils einquartiert ist. Der Kelch des Requisitionsamtes hat sich glücklich von mir abgewendet. Teucher[1] tritt in dasselbe ein; ich übernehme dafür ad interim seine Geschäfte. Der Gouverneur für Sachsen, Regierungspräsident Möller, ist noch nicht eingesetzt. Dieser Umstand und der Unterschied der Behandlung von Hannover und Hessen-Kassel ist noch zu erklären. Man spricht von Friedensunterhandlungen. Unglaubhafte Nachrichten; von Italien und österreichische Zeitungen fehlen gänzlich.

Ravagierung der Beustischen Villa durch den Leutnant von Treskow und Erklärungen des Zivilkommissars über den Vorgang.

„Den Königstein sollen wir nehmen? Da werden wir unserm Könige etwas sch. . . .n!“


Montag, 25. Juni.

An diesem Tage war wieder sozusagen der Teufel los. Anverlangen von 6000 Schanzarbeitern. Unter teilweiser Niederschlagung des Großen und Zoologischen Gartens und verschiedener Strehlener Villen sollen dort Verschanzungen aufgeworfen werden. Doch läßt man mit sich handeln. Dem Zivilkommissar von Wurmb wird vorgeschlagen, 2000 Bergarbeiter vom Freiberger Oberbergamte zu requirieren. Er verspricht, sich für die Erhaltung der Gärten zu verwenden.

Denunziationen von Preußenfeinden und Vorschläge zum Ersatze solcher Beamten sind bereits im Zuge. Der Polizeidirektor und sein Vorgesetzter, Geh. Regierungsrat H(äpe), sind zur Absetzung designiert[2].

Ich habe Jour von 12 Uhr mittags bis 4 Uhr. Viele Leute haben schon wieder stark „Kopf ihriges“" verloren. Die ehemaligen Beustschen Anhänger und Lobredner durch dick und dünn fangen bereits an zu räsonnieren und meinen, wir seien „verraten“ worden, von Österreich nichts zu erwarten. In der Stadt ist es ruhig und wieder verkehrsbelebt, die Kneiperei eher verstärkt als vermindert. Unsre Jouren sind mit Stadtverordneten halbiert; ich requiriere 2 Schlafottomanen bei Bernhard. Appetit, Schlaf und Laune lassen, unberufen, nichts zu wünschen übrig. Die Nachricht


  1. Stadtrat Teucher war Dirigent des Stadtbauamtes und des Wasserleitungsamtes.
  2. Die Unstimmigkeiten zwischen der Besatzungsbehörde und der Polizeidirektion nahmen zu. Schon vor dem 25. Juni traf in Dresden der königlich-preußische Polizeidirektor Stieber ein (Tageschronik der Dresdner Nachrichten).
Empfohlene Zitierweise:
Erwin Heyne (Hrsg.): Kriegstage in Dresden 1866 und 1870. i. A. des Verein für Geschichte Dresdens, Dresden 1933, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft31VereinGeschichteDresden1933.pdf/26&oldid=- (Version vom 8.5.2024)