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Über unsern entführten Staatsschatz wird teils Kufstein, teils Ingolstadt als derzeitiger Bergeort genannt[1].


Dienstag, 3. Juli.

Die Nachrichten über das erfolgreiche Vordringen der Preußen in Böhmen stellen sich immer mehr fest, und immer bestimmter tritt die Tatsache hervor: Die entscheidende Rolle, welche im Dänischen Kriege das gezogene Geschütz gespielt hat, spielt jetzt das Zündnadelgewehr. Von der westdeutschen Tragikomödie gibt es gar keine besonderen Nachrichten. Heute früh erst werden Namen von gefallenen und verwundeten sächsischen Offizieren bekannt.

Ida teilt mir die Nachricht von Suses Verlobung mit einem jungen Herrn Mertens aus Hannover mit[2].


Mittwoch, 4. Juli.

Früh große Siegesnachricht über eine Hauptschlacht.

Prag soll bereits von den Preußen besetzt sein[3]. Es stellt sich jedoch heraus, daß es nur geräumt ist. Ich gehe Mittags zu Burdach, höre, daß 101 Siegesschuß abgefeuert werden sollen, und wie ich kaum an das Geländer bei der Sodabude getreten bin, donnert mir auch schon der erste Zwölfpfünder entgegen. Großer Alarm in der Stadt, die Leute meinen, es kommen „fremde Völker“. Früh Verhandlung mit Herrn v. Wurmb wegen des Observatoriums auf der Frauenkirche.

Suse besucht uns. Ich habe Nachmittag von 4 bis 8 Uhr Jour. Als ich auf das Rathaus komme, höre ich, daß Papa Gehe[4] arretiert ist, wegen „unvorsichtiger Äußerungen“. Ein Weib, das er aus einem Ehrlichschen Stiftsgrundstück hat heraussetzen müssen, hat ihn denunziert, er habe gesagt, die Preußen seien Hunde! Er ist auf der Wache im


  1. Der größte Teil des Staatsschases war nach München in sicheren Gewahrsam gebracht worden.
  2. Ida v. Elterlein, Peschels Schwester, teilt die Verlobung ihrer Tochter Suse mit.
  3. Schlacht bei Königgrätz, 3. Juli. – Prag wurde am 8. Juli besetzt.
  4. Stadtrat Franz Eduard Gehe, Onkel des obenerwähnten Großkaufmanns Franz Ludwig Gehe; Großvater von Professor der Literaturgeschichte Dr. Friedrich Kummer, Dresden. Geb. 1797, gest. 1875. 22. April 1835 bis 31. Juli 1866 Chef des Dresdner Schulwesens (vgl. Dresdner Anzeiger, Wissenschaftliche Beilage, 7. Jahrg. Nr. 17).
Empfohlene Zitierweise:
Erwin Heyne (Hrsg.): Kriegstage in Dresden 1866 und 1870. i. A. des Verein für Geschichte Dresdens, Dresden 1933, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft31VereinGeschichteDresden1933.pdf/32&oldid=- (Version vom 27.5.2024)