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schade. Gehe ist wieder da und beklagt sich bitter über die Inhumanität, mit welcher er seitens Bentheims behandelt worden.

Über die Friedensverhandlungen verlautet nichts Näheres. Berliner Entrüstung über die neue österreichische „Intrigue“. Nur vielfache Truppenbewegungen sind wahrnehmbar. Mit der alten Brücke scheint man von unten nicht fertig zu werden, es wird ihr nun von oben her zu Leibe gegangen; vielleicht stürzt sie solchermaßen ungesprengt ein.


Sonnabend, 7. Juli.

Die Friedensnachrichten verfangen nicht; die französischen Vermittlungsvorschläge sind zur Zeit weder von Preußen, noch von Italien angenommen worden. Verhaftung von Clam Gallas und Konsorten. Jener brutale böhmische Kavalier ist des Renommees, das er sich bei Magenta erworben, würdig geblieben, was natürlich nicht verhindern wird, ihm bei nächster Aktion wieder ein Kommando zu übertragen[1].

Drohartikel des Constitutionel. Schon nennt man Königgrätz das böhmische Solferino. Hier beruhigt sich das kriegerische Treiben, dagegen füllen sich die Lazarette und mehren sich die Gefangenentransporte nach dem Norden. Die Berliner Arbeiter-„Bummler“ haben uns auch die Cholera mitgebracht. Im Stadtkrankenhaus 3 Fälle, wovon einer mit tödlichem Verlauf. Noch keine offiziellen Verlustlisten von Podol und Königgrätz. Die letzte Nachricht vom König aus Iglau. Die Prager Ausreißerei ist wahrhaft ridikul.

Auf Neuberts Rat habe ich mich entschlossen, ein allgemeines Gesuchschreiben wegen der Aufrückung abzulassen[2].


  1. Clam Gallas führte das österreichische 1. Korps. An dessen Spitze stand er schon im Feldzug von 1859 gegen Sardinien und Frankreich. In der Schlacht von Magenta, am 4. Juni 1859, wurde der unter seinem Befehl befindliche rechte Flügel der Österreicher derartig geschlagen, daß die Truppen in größter Verwirrung zurückfluteten. Nach dem eigenen Bericht des Grafen befanden sich seine Formationen in einer „solchen totalen Auflösung“, daß man nicht einmal eine Kompanie zu sammeln vermochte. Er war daher außerstande, dem Befehle der Heeresleitung zur Einstellung des Rückzuges nachzukommen (vgl. v. Caemmerer, Magenta. Berlin 1902). Wie bei Magenta und Solferino 1859 zeigte sich Clam Gallas auch am 29. Juni 1866 bei Gitschin der schwierigen Lage, in die sein Korps infolge des Rückzugsbefehls versetzt war, durchaus nicht gewachsen.
  2. Bürgermeister Neubert war Vorsteher der 1. Ratsabteilung und Stellvertreter des Oberbürgermeisters. Da Stadtrat Gehe seine Pensionierung für Ende Juli beantragt hatte, entschloß sich Peschel, um ein Aufrücken in der Reihe der (abgestuft) besoldeten Stadträte nachzusuchen. Peschel war 1853 als 4. Stadtrat mit einem Gehalt von 1200 Taler angestellt worden (Ratsarchiv A 2, 93, Vol. 1, Bl. 262). – Neubert, Heinrich Moritz. Geboren 1809 in Ehrenfriedersdorf. Advokat und Finanzprokurator in Dresden. 1849 bis 1850 Vorsteher der Stadtverordneten. 1851 Stadtverordneter, 1851 Stadtrat. 1853 bis 1875 Bürgermeister. Gestorben 1881.
Empfohlene Zitierweise:
Erwin Heyne (Hrsg.): Kriegstage in Dresden 1866 und 1870. i. A. des Verein für Geschichte Dresdens, Dresden 1933, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft31VereinGeschichteDresden1933.pdf/34&oldid=- (Version vom 30.4.2024)