Seite:Hermann von Bezzel - Die sieben Worte Jesu am Kreuz.pdf/18

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

wenig wir aus dem ersten Kreuzeswort uns ein Angeld nehmen dürfen, als ob wir unser Leben einrichten könnten nach unserem Belieben, die Fürbitte Jesu gehe uns auch in die fernste Entlegenheit von ihm nach, so gewiß dürfen wir einander in dieser Abendstunde mit dem Gruß dieses seligen Wortes und Trostes der Christengewißheit begrüßen, stärken und ermuntern: Jesus betet für uns: „Vergib!“ Alles, was wir gegen ihn getan haben in Gedanken, Worten und Werken und was uns leider ist als wir’s nur sagen können und mögen, und alles, was wir tun in Säumigkeit und Träumerei, und alles, was wir, bis man uns hinausträgt, noch fehlen werden und versäumen, vergessen und bewahren, an Gutem ablegen und im Bösen zunehmen – all das befehlen wir ihm nach dem Troste, dem seligsten, den er vom Himmel auf die Erde gesandt hat: „Vergib!“

 Und indem er so betet, schickt er sich an, damit der Vater des Vergebens froh werden könnte und die Schuld erlassen möge, sie selbst zu zahlen.

 Er heiligt sich selbst für seine Gemeinde, er gibt sein Leben zum Lösegeld für viele. Der Vater fordert von uns allen die Gabe, die er uns vertraute: Gib mir, was mein ist und meine Güter. Und wir haben das Gut verpraßt und haben es keine Zinsen tragen lassen. Da tritt der Sohn für uns ein und bezahlt „nicht mit Gold oder Silber, sondern mit seinem heiligen, teuren Blut und mit seinem unschuldigen Leiden und Sterben“[WS 1], bezahlt, was ich hätte zahlen sollen und kann es doch nimmermehr. Und der Vater fordert mich an: Warum hast du mir das getan? und zeigt mir neben der Menge meiner Versäumnisse und Unterlassungen die Menge der wider mich redenden Taten. Und ich kann mich nicht entschuldigen und ich sehe mich um

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Martin Luther im Kleinen Katechismus zum 2. Artikel des Glaubensbekenntnisses (BSLK 511,27–33). Vgl. 1. Petr. 1, 18–19.
Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Die sieben Worte Jesu am Kreuz. Müller & Fröhlich, München 1918, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Die_sieben_Worte_Jesu_am_Kreuz.pdf/18&oldid=- (Version vom 1.8.2018)