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Solche taugen aber nichts, weil sie Andern dadurch lästig werden. Dergleichen wäre indessen schon besser, wenn sie sich selbst ein Rohr so schneiden lernten, daß sie darauf blasen könnten. –

Die Schaukel ist auch eine gute Bewegung; selbst Erwachsene brauchen sie zur Gesundheit, nur bedürfen die Kinder dabey der Aufsicht, weil die Bewegung sehr geschwinde werden kann. Der Papierdrache ist ebenfalls ein tadelloses Spiel. Es kultivirt die Geschicklichkeit, indem es auf eine gewisse Stellung dabey in Absicht des Windes ankömmt, wenn er recht hoch steigen soll.

Diesen Spielen zu gut, versagt sich der Knabe andere Bedürfnisse, und lernet so allmählich auch etwas Anderes und mehr entbehren. Zudem wird er dadurch an fortdauernde Beschäftigung gewöhnt, aber eben daher darf es hier auch nicht bloßes Spiel, sondern es muß Spiel mit Absicht und Endzweck seyn. Denn, jemehr auf diese Weise sein Körper gestärkt und abgehärtet wird, um so sicherer ist er vor den verderblichen Folgen der Verzärtlung. Auch die Gymnastik soll die Natur nur lenken, darf also nicht gezwungene Zierlichkeit veranlassen. Disciplin muß zuerst eintreten, nicht aber Information. Hier ist nun aber darauf zu sehen, daß man die Kinder bey der Kultur ihres Körpers auch für die Gesellschaft bilde. Rousseau sagt: „Ihr werdet niemals einen tüchtigen Mann bilden, wenn ihr nicht vorher einen Gassenjungen habt!“ Es kann eher aus einem muntern Knaben ein guter Mann werden, als aus einem naseweisen, klug thuenden Burschen. Das Kind muß in Gesellschaften nur nicht lästig seýn, es muß sich aber auch

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Immanuel Kant: Über Pädagogik. D. Friedrich Theodor Rink, Königsberg 1803, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Immanuel_Kant_%C3%9Cber_P%C3%A4dagogik_K%C3%B6nigsberg_1803.pdf/51&oldid=- (Version vom 1.8.2018)