Seite:Immanuel Kant Über Pädagogik Königsberg 1803.pdf/89

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ein gewisses Pensum gelernt fordre, und ihm zeige, daß Andere es leisten können.

Man muß auf keine Weise ein Kind das andere beschämen lassen. Allen Stolz, der sich auf Vorzüge des Glückes gründet, muß man zu vermeiden suchen. Zu gleicher Zeit muß man aber suchen, Freymüthigkeit bey den Kindern zu begründen. Sie ist ein bescheidenes Zutrauen zu sich selbst. Durch sie wird der Mensch in den Stand gesetzt, alle seine Talente geziemend zu zeigen. Sie ist wohl zu unterscheiden von der Dummdreistigkeit, die in der Gleichgültigkeit gegen das Urtheil Anderer besteht.

Alle Begierden des Menschen sind entweder formal, (Freyheit und Vermögen) oder material (auf ein Object bezogen), Begierden des Wahnes oder des Genusses, oder endlich sie beziehen sich auf die bloße Fortdauer von beyden, als Elemente der Glückseligkeit.

Begierden der ersten Art, sind Ehrsucht, Herrschsucht und Habsucht. Die der zweyten, Genuß des Geschlechtes (Wollust), der Sache (Wohlleben), oder der Gesellschaft (Geschmack an Unterhaltung). Begierden der dritten Art endlich sind, Liebe zum Leben, zur Gesundheit, zur Gemächlichkeit (in der Zukunft, Sorgenfreyheit).

Laster aber sind entweder, die der Bosheit oder der Niederträchtigkeit, oder der Eingeschränktheit. Zu den erstern gehören, Neid, Undankbarkeit und Schadenfreude; zu denen der zweyten Art, Ungerechtigkeit, Untreue (Falschheit), Lüderlichkeit, sowohl im Verschwenden der Güter, als der Gesundheit (Unmäßigkeit), und der Ehre. Laster der dritten