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der Idumäer. Sie steckten die Köpfe zusammen und speculierten hin und her, ob sie nicht ein Mittel fänden, den Idumäern zu Hilfe zu kommen. 292 Die Heißblütigeren unter ihnen schlugen vor, man möge einen Durchbruch durch die Wachen mit den Waffen in der Hand versuchen, dann einen Ausfall mitten in die Stadt hinabwagen und den Bundesgenossen ganz keck die Thore öffnen. 293 Denn die Wachen, meinten sie, würden bei ihrem unvermutheten Auftauchen ganz bestürzt zurückweichen, zumal die meisten von ihnen auch noch unbewaffnet und im Kampfe unerfahren wären: die Menge aber in der Stadt unten könnte bei dem gegenwärtigen Unwetter, das alles in die Häuser getrieben habe, nur sehr schwer gesammelt werden. 294 Sollte indes die Sache nicht ganz harmlos ablaufen, so sei es eine Ehrensache für sie, lieber alles mögliche zu erdulden, als gleichgiltig zuzusehen, wie eine solche Masse von Menschen elendiglich zu Grunde gehen müsste. 295 Die Klügeren dagegen hofften von der Gewalt gar keinen Erfolg, da sie nicht allein die Zahl der Wachen in ihrer unmittelbaren Umgebung stark vermehrt, sondern auch die Stadtmauer aus Furcht vor den Idumäern sorgfältig bewacht sahen. 296 Ueberall glaubten sie den Ananus zu sehen, wie er eine Stunde um die andere die Wachen persönlich inspicierte – 297 was auch in der That in den vorausgehenden Nächten immer geschehen war, aber gerade in dieser Nacht unterblieb, keineswegs infolge einer Fahrlässigkeit von seiner Seite, sondern weil das unumschränkt waltende Verhängnis ihn selbst, sowie seine zahlreichen Wachen bereits zum Tode verurtheilt hatte. 298 Ja, das Verhängnis war es, welches auch damals bei vorgerückter Nachtstunde, während der Sturm immer heftiger anschwoll, die auf der Säulenhalle befindlichen Wachen einschläferte, zu gleicher Zeit aber die Zeloten auf den Einfall brachte, einige von den Sägen im Heiligthum zu nehmen und damit die Querbalken an den Thoren abzuschneiden. 299 Das Sausen der Windsbraut und der fortwährend rollende Donner kam ihnen dabei so gut zustatten, dass nicht das geringste Geräusch herausgehört werden konnte.

300 (7.) Ganz unbemerkt kamen sie so vom Tempel zur Mauer, wo sie mit Anwendung derselben Sägen das den Idumäern zugewendete Stadtthor aufsprengten. 301 Anfangs waren die Idumäer davon ganz betroffen, da sie nichts anderes glaubten, als dass die Leute des Ananus einen Ueberfall versuchten, und sofort umklammerte auch schon jede Faust zur Abwehr ihren Schwertgriff: bald aber hatten sie die Nahenden erkannt und drangen ein. 302 Hätten sie sich nun sofort über die eigentliche Stadt ergossen, es wäre wohl ohne Frage zur Niedermetzlung des ganzen Volkes gekommen – so furchtbar war ihre Wuth! Indessen beeilten sie sich zunächst nur, den Zeloten im

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/329&oldid=- (Version vom 1.8.2018)