Seite:LeistLitterarischeSkizzen.pdf/82

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die Schilderung des damaligen elenden Lebens seines Volkes in jeglicher Hinsicht. Von einer geistigen Regung war nicht die geringste Spur vorhanden, jede sittliche Erhebung der Jugend wurde vom Volke selbst gehemmt, denn dieses hatte längst das Gefühl eigener Würde verloren und das einzige, wodurch es von Zeit zu Zeit aus dem Schlummer aufgerüttelt wurde, war die Perserfurcht.

Heute, da sich die Lebensverhältnisse der Armenier längst geändert haben, besitzt natürlich Abowians Werk nicht mehr denselben Wert wie früher, aber doch hat es seiner Sittenschilderungen wegen, die uns mit dem Leben aller Schichten der Bevölkerung bekannt machen, auch heute noch eine vor allem etnographische Bedeutung.

Auch als Dichter hat sich Abowian versucht, aber er war keineswegs ein Sänger voll Kraft und die meisten seiner Gedichte sind so sentimentalisch und gefühlsschwärmerisch, dass sie heute nur von wenigen gelesen werden. Der Einfluss der deutschen Romantik ist übrigens in ihnen leicht zu erkennen; sie war ja

Empfohlene Zitierweise:
Arthur Leist: Litterarische Skizzen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:LeistLitterarischeSkizzen.pdf/82&oldid=- (Version vom 1.8.2018)