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tief gegraben, so seien mehr als tausend blaue Lichter entstanden. Einer von ihnen habe ein Kästchen voll des Erdreiches mit nach Hause genommen, es wäre aber nur kießartiges Zeug gewesen.

Es geht auch eine Sage von einem Kinde, das seine Leute im Walde bei der Wallfahrt allein ließen und welches nun Beeren suchte. Da kam eine weiße Jungfrau und führte das Kind in einen schönen Garten, und gab ihm Blumen, Johannisbeeren und Kirschen, dann aber hieß sie das Kind wieder zu seiner Mutter gehen. Das Kind erzählte nun seiner Mutter alles, und begehrte immer wieder in jenen Garten zurück, aber die Mutter fürchtete sich, und ließ es nicht von sich, zumal sie von keinem Garten wußte. Da härmte das Kind sich sehnsüchtig ab – und wurde krank, und auf einmal in der Krankheit rief es: Siehst Du Mutter! Da kommt die weiße Jungfer, und bringt mir rothe Beeren und Johannisbeeren! – Und da starb es.

129.
Bonifacius.

Ganz nahe bei dem herzoglichen Sommerschlosse Altenstein steht ein schroffer, mit einem Kreuze verzierter Felsen, vom Volke insgemein „der Bonifacius“ genannt. Vor mehr als hundert Jahren stand dort noch ein Kapellenrest, welcher der Bonifaciusthurm hieß. Die Sage kündet, und es mag wol mehr als Sage sein, daß der Apostel Thüringens, Winfried-Bonifacius, von diesem Felsen herab dem Volke dieser Gegend das Christenthum gepredigt,

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/249&oldid=- (Version vom 1.8.2018)