Seite:Ludwigs des Bayern Königswahlgesetz Licet iuris vom 6. August 1338.pdf/8

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zuzuschreiben, weil sie dem Renser Weisthum widerspricht. Entweder sind alle Auslassungen des Occamschen Textes in diesem Satze auf eine von Nicolaus abweichende Vorlage zurückzuführen, oder sämmtlich Occam zuzuschreiben. Und die letztere der beiden Möglichkeiten ist die weitaus wahrscheinlichere. Bei Annahme der ersteren würden wir zu einer Vorlage gelangen, welche theils den Renser Beschlüssen entsprechen, theils aber und zwar in einem wesentlichen Punkte ihnen nicht entsprechen würde. Als Auslassungen Occams aber aufgefasst, erklären sie sich sämmtlich ungezwungen aus dem Zwecke, welchen dieser bei seinem Auszuge verfolgte.

Occam verfolgte in dem Kapitel, in welchem er das Gesetz anführt, lediglich den Zweck, die Königswahl Karls IV. für ungesetzlich, seine Wähler zum Theil wenigstens als meineidig und strafbar zu erklären. Deshalb waren für ihn die auf das Kaiserthum bezüglichen Worte ebenso belanglos wie die über die Reichsverwaltung. Er liess sie ebenso als überflüssig fort wie jene und wie ganze Sätze der Vorlage. Hatte Occam schon die Nachrichten des Nicolaus über die Veröffentlichung des Gesetzes flüchtig benutzt und ungenau wiedergegeben, so ist auch sein Auszug aus diesem Gesetze weniger genau, als die aus jenen anderen Stücken. Gerade der erste mit postquam beginnende Satz macht kaum noch den Eindruck eines wörtlichen Citates, sondern eher den einer verkürzenden Zusammenfassung des Inhalts, bei welcher das Auslassen der für den Zweck der Anführung überflüssigen Worte durchaus erklärlich scheint.

Sicher auf Auslassung Occams, und nicht auf einer abweichenden Vorlage beruht auch das Fehlen der eigentlichen Satzung: ‚Et hac in perpetuum valitura lege decernimus‘ u. s. w., ohne welche die folgenden von Occam wiederholten Strafbestimmungen ganz in der Luft schweben. Occam hielt bei oberflächlicher Lektüre die Satzung nur für eine überflüssige Wiederholung des Hauptinhaltes des vorhergehenden Satzes, der thatsächlich keine Satzung, sondern nur die Feststellung des schon bestehenden Gewohnheitsrechtes enthielt, und kam so dazu, die Hauptstelle seiner Vorlage fortzulassen.

Keinenfalls also können wir in den Auslassungen bei Occam gegenüber dem sonst überlieferten Texte einen Grund sehen für die Annahme, dass Occam für diesen Text eine andere Vorlage als das vorher und nachher von ihm benutzte Werk des Nicolaus Minorita gehabt habe.