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Ueber die Werke des Künstlers vgl. „Bruno Piglhein’s Panorama: Jerusalem u. die Kreuzigung Christi in 10 direct nach dem Rundgemälde aufgenommenen Photographien (Cab.-Format). Erläutert von Ludw. Trost“. Stuttg. u. Leipzig, Deutsche Verlagsanstalt. – Grössere Holzschnittausgabe von Ludw. Trost. Ebendaselbst. – M. V. Sattler, Führer durch das Panorama der Kreuzigung Christi. München 1886. – F. Pecht „Geschichte der Münchener Kunst im 19. Jahrh.“ München 1888. – Gottfr. Böhm „Bruno Piglhein“ in „Kunst unserer Zeit“ V. Jahrg. (1894). – v. D. (L. v. Donop.) „Bruno Piglhein. 1848–1894,“ im Katalog der Piglhein-Ausstellung in der Berliner National-Galerie, 20. Januar bis 3. März 1895.

Die Ausstellung des künstlerischen Nachlasses von etwa 150 Bildern, Entwürfen, Skizzen u. Studien fand im Nov. 1894 im Münchener Atelier des Künstlers statt. Die Berliner Ausstellung des folgenden Jahres umfasste 46 Oelgemälde, -Studien u. -Skizzen, 25 Pastelle, 2 Kreide- u. je 1 Kohle- u. Federzeichnung u. 30 Reproductionen in Holzschnitt, Photographie u. Lichtdruck. Der Berliner Ausstellung folgte die im Schulte’schen Kunstsalon zu Köln im September 1895.

Piloty, Carl Theodor von, Historienmaler, geb. zu München am 1. October 1826 als älterer Sohn des Lithographen Ferd. Piloty, gest. auf seiner Besitzung Ambach bei München am 21. Juli 1886, war zuerst Schüler seines Vaters, der ihn früh schon auf Rubens u. die spanischen Meister hinwies, besuchte seit 1840 unter Jul. Schnorr die Akademie u. trat 1844 nach dem Tode seines Vaters als Leiter und Mitarbeiter in dessen lithographische Anstalt, die im Jahr zuvor das grosse Werk von Piloty & Löhle über die Galerie zu München begonnen hatte, dessen Vollendung sechs Jahre beanspruchte. Schon damals beschäftigten den jungen Künstler die realistischen Bestrebungen der neueren belgischen Schule, deren Farbentechnik auch ihn zur Nacheiferung aufforderte. Weitere Ermunterung erhielt er durch seinen Schwager, den Historienmaler Carl Schorn († 1850), und durch einen 1847 unternommenen Besuch Venedig’s, dem 1852 ein längerer Studienaufenthalt in Antwerpen u. Paris folgte. Wenn ihn hier besonders die grossen spanischen Meister Murillo u. Velasquez fesselten, so gewann doch auch Delaroche auf ihn den bedeutendsten Einfluss, der sich schon in Piloty’s nächstem Bilde „Die Amme“ zeigte, das auf der Münch. Ausstellung von 1853 erschien und den königlichen Auftrag zum grossen Bilde, die „Gründung der katholischen Liga“ für das Maximilianeum veranlasste. Als nächstes grösseres Gemälde brachte das Jahr 1855 „Seni an der Leiche Wallenstein’s“, dessen ausserordentlichem Erfolge P. im März 1856 seine Ernennung zum Akademieprofessor verdankte, als welcher er durch seltene Lehrbegabung den grossen Kreis strebsamer Schüler heranbildete. In den nächsten drei Jahren (1856–1858, während welcher P. auch Frankreich, England u. Italien (1858) besuchte, entstanden eine zweite, ganz abweichende Darstellung „Seni’s u. des ermordeten Wallenstein“ u. „Der Morgen vor der Schlacht am weissen Berge“ u. 1860 wurde das Bild „Nero auf den Trümmern Rom’s“ vollendet. Trotz seiner aufopfernden Lehrtätigkeit schuf der Meister nun fast Jahr für Jahr ein grösseres Werk, so 1861 „Wallenstein’s Zug nach Eger“, „Galilei als Gefangener im Kerker“ u. „Gottfried’s v. Bouillon Wallfahrt zur Kirche des heil. Grabes“, denen sich die von seinen Schülern ausgeführten drei Compositionen an der Façade des Maximilianeums anschlossen. Grosses Aufsehen erregte die im J. 1865 zur Ausstellung gelangende „Ermordung Caesar’s“, geringere Teilnahme sein „Columbus“ (1866). 1868 entstanden die „Aebtissin von Frauenchiemsee“, „Maria Stuart, der das Todesurteil verkündet wird“ u. die „Botschaft von der Niederlage am weissen Berge“. 1869, nach Ablehnung des Rufs zum Akademie-Director in Berlin, erhielt P. den erwünschten Auftrag, seinen grossen Carton „Thusnelda“ auf Staatskosten als Oelgemälde auszuführen. Das 1873 vollendete Bild kam auf die Wiener Weltausstellung desselben Jahres, dann in die Münch. Neue Pinakothek. Nach Kaulbach’s Tode 1874 zum Director der Münchener Akademie ernannt, übte er wachsenden Einfluss. An seine letzten Bilder, zwei Scenen aus dem Leben der Anna Boleyn, schlossen sich die Vorarbeiten zum grossen allegorischen Wandgemälde, das den Festsaal des Münchener neuen Rathauses zieren sollte, zur „Monachia“, umgeben von allen Personen, die sich um die Vaterstadt verdient gemacht. Diesem im J. 1879 vollendeten Bilde folgten: „Die Fahrt der Girondisten zum Schaffot“, „Die klugen u. törichten Jungfrauen“ (1881), „Unter der Arena“ (1882), „Der Rat der Drei in Venedig“ (1884) u. endlich sein unvollendet hinterlassenes Bild „Der Tod Alexander’s des Grossen“. Carl v. Piloty war Dr. phil. h. c. und seit 1869 Mitgl. der Berliner Akademie. Zum grossen Kreise seiner Schüler gehörten: Benczur, Jos. Brandt, Defregger, Gabl, Grützner, Kurzbauer, Lenbach, Liezen-Mayer, Friedrich u. Heinrich Lossow, Makart, Gabr. Max u. Math. Schmid.

Die hier mit einem * bezeichnten Bilder befanden sich auf der 23. (Werke von C. v. Piloty, C. Spitzweg u. Fr. Voltz) enthaltenden Sonder-Ausstellung in der Berliner National-Galerie, November 1886.

I. Oelgemälde.

1.* Schlafende Nymphe, von Gnomen belauscht. Um 1847–48. h. 0,65, br. 0,49. E: Adolf Löhle, München. Lith. von C. Feederle. Oelfarbendr. roy. fol.
2. Badende Mädchen am Waldbach. (1849). Sein erstes ausgestelltes Bild. E: Kunsth. A. H. Payne, Leipzig. Gest von D. J. Pound. fol. Ein Bild dieses Namens, h. 0,90, br. 0,70. war auf Lepke’s Berl. K.-Auct., Nov. 80, Abb. im Kat.
3.* Die sterbende Wöchnerin, welcher das neugeborene Kind zum letztenmal in die Arme gelegt wird. (1849). Bez: Carl Piloty. h. 1,15, br. 1,42. E: Kunsth. E. A. Fleischmann, München.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Boetticher: Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts – Zweiter Band. Fr. v. Boetticher’s Verlag, Dresden 1898/1901, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Malerwerke_des_neunzehnten_Jahrhunderts_Zweiter_Band.pdf/277&oldid=- (Version vom 30.7.2023)