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Friedrich Gerstäcker: Moden über die Welt. In: Fliegende Blätter. Band 18.

Wie bei den Frauen der Hut, wurde von den Männern zuerst der Frack als unumstößlicher Beweis eines christlichen Herzens verlangt – und noch dazu der schwarze Frack, und die Missionare fingen bei der Ausrüstung des neuen Christen von oben an.

Vor allen Dingen bekam er einen schwarzen Cylinderhut aufgesetzt. – Es versteht sich von selbst, daß man seinen Hut abnehmen muß, wenn man in eine christliche Kirche kommt, wenn man aber gar keinen trägt, kann man auch keinen abnehmen, und ein Hut wurde deshalb zur Nothwendigkeit.

Dann bekamen sie ein Hemd an und sie ließen sich das gern gefallen – es war das ein weites bequemes Gewand, ihren Tapa Ueberhängen nicht ganz unähnlich – über das Hemd kam aber erst ein Halstuch, und später eine Weste, in der sie sich schon keineswegs so behaglich mehr fühlten, und eine Zeitlang sträubten sie sich gegen alles Weitere, aber es half ihnen Nichts – ihre Toilette als Christen und Staatsbürger war noch lange nicht beendet, und jetzt kam der Frack, der ihren oberen Menschen und ihre Unbequemlichkeit vollenden sollte. Aber hiemit war ihre Geduld auch zu Ende – in Hosen ließen sie sich unter keiner Bedingung einzwängen, und viele verweigerten selbst jetzt noch hartnäckig den Frack.

Man konnte an ihnen daher das Stadium ihres christlichen Glaubens leicht erkennen, je nachdem sie noch im Hemd, oder im Halstuch, oder gar schon in der Weste waren, denn den Frack trugen erst die wenigen Auserwählten. Aber selbst diese hatten sich bis jetzt nicht von ihren Lendentüchern getrennt oder wären zu bereden gewesen, Hosen und Schuhe und Strümpfe zu tragen, und ich habe wirklich noch nie etwas Komischeres in der Welt gesehen, als diese Zwittergeschöpfe zwischen Civilisation und Wildniß.

Ihr Kopf war bei den Aelteren nicht selten halb geschoren, die Haare wenigstens ganz kurz abgeschnitten, darauf saß der schwarze Hut, dann kam der schwarze Frack, und unter diesem und der Weste vor, hing das gewöhnlich grellrothe und gelbe Lendentuch bis ziemlich an, oft bis über die Kniee nieder. Die Füße waren aber von der alten Heidenzeit her noch tättowirt, und die beiden christlichen Frackzipfel, die hinten herunter hingen, schauten mißtrauisch und drohend auf die blauen heidnischen Linien der Beine nieder, als ob sie hätten sagen wollen: „Na, wartet nur, ihr sollt nur noch bald genug in Hosen kommen.“

(Schluß folgt.)

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Gerstäcker: Moden über die Welt. In: Fliegende Blätter. Band 18.. Braun & Schneider, München 1853, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moden_%C3%BCber_die_Welt-Gerstaecker-1853.djvu/4&oldid=- (Version vom 1.8.2018)