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1. Fall. Die Theile des zitternden Körpers werden nämlich, indem sie wechselweise vor- und zurückgehen, bei ihrem Fortschreiten die ihnen nächsten Theile des Mittels drängen und fortstossen, und durch diesen Drang sie zusammendrücken und verdichten; hierauf aber bei ihrer Rückkehr den zusammengedrückten Theilen gestatten, zurückzugehen und sich auszudehnen. Daher werden die dem zitternden Körper am nächsten liegenden Theile wechselseitig vor- und zurückgehen, gleich wie die Theile des zitternden Körpers selbst, und eben so wie diese die ihnen nächsten Theile des Mittels antreiben, werden auch die letzteren wieder die ihnen zunächst liegenden Theile antreiben, eben so diese die ihnen weiter folgenden, u. s. w. f. in’s Unendliche. So wie ferner die ersten Theile des Mittels beim Vorwärtsschreiten sich verdichten und bei der Rückkehr auflockern, wird dasselbe mit den übrigen Theilen der Fall sein. Daher werden sie nicht alle zugleich vor- und zurückgehen (sie würden nämlich, indem sie gleiche Entfernung von einander behielten, auf diese Weise sich nicht wechselseitig verdünnen und verdichten) sondern sich einandern nähern, wenn sie dichter, und von einander entfernen, wenn sie lockerer werden; also werden einige von ihnen vorwärts gehen, während die anderen zurückkehren.[1] Dies wird wechselweise bis in’s Unendliche geschehen. Die vorwärtsgehenden und dabei verdichteten Theile machen wegen ihrer fortschreitenden Bewegung, durch welche sie auf alle ihnen entgegenstehenden Körper einen Schlag ausüben, die Stösse aus, und es pflanzen sich daher die auf einander folgenden Stösse von jedem zitternden Körper geradlinig fort. Das Letztere geschieht in ungefähr gleichen Abständen von einander, wegen der gleichen Zeitintervalle, in denen der Körper durch seine zitternden Bewegungen die einzelnen Stösse hervorbringt. Obgleich die Theile des zitternden Körpers nach einer bestimmten Richtung vor- und rückwärts gehen, so werden doch die von ihm durch ein Mittel fortgepflanzten Stösse sich, nach dem vorhergehenden Paragraphen, auch nach den Seiten hin ausdehnen und sich so von jenem zitternden Körper als gemeinschaftlichen Mittelpunkt, längs nahezu sphärischer und concentrischer Oberflächen nach allen Seiten hin fortpflanzen.

Ein Beispiel hierzu haben wir an den Wellen, welche durch einen zitternden Finger hervorgebracht werden, und alsdann nicht nur beiderseits längs der Richtung, in welcher der Finger sich bewegt, sich fortpflanzen, sondern auch den letzteren, nach Art concentrischer Kreise, sogleich umschliessen, und sich so nach allen Richtungen ausbreiten. Das Gewicht der Wellen ersetzt hier nämlich die Stelle einer elastischen Kraft.

2. Fall. Ist das Mittel nicht elastisch, so können seine, durch die vibrirenden Theile des zitternden Körpers gedrückten, Theile nicht verdichtet werden, und es pflanzt sich die Bewegung augenblicklich nach den Seiten fort, wo das Mittel am leichtesten nachgiebt, d. h. nach den Stellen, welche der zitternde Körper sonst hinter sich leer lassen würde.


  1. [615]
    No. 183. S. 357. Diess lässt sich noch deutlicher aus einer graphischen Darstellung ersehen. Bezeichnen a, b, c, d, e, f u. s. w. einzelne Theilchen, geben die Pfeile die Richtung der Bewegung an, wobei a, c, e einerlei, b, d, f die entgegengesetzte Richtung haben; so findet im oberen Falle eine Verdichtung, im untern Falle eine Verdünnung der zunächst auf einander folgenden Theile statt.
Empfohlene Zitierweise:
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/365&oldid=- (Version vom 1.8.2018)