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Friedrich Nietzsche: Nietzsche's Werke, Band VIII

Paradieses-Luft wahrlich,
lichte leichte Luft, goldgestreifte,

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so gute Luft nur je

vom Monde herabfiel,
sei es aus Zufall
oder geschah es aus Übermuthe?
wie die alten Dichter erzählen.

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Ich Zweifler aber ziehe es in Zweifel,

dafür komme ich
aus Europa,
das zweifelsüchtiger ist als alle Eheweibchen.
Möge Gott es bessern!

75
Amen.


Diese schönste Luft athmend,
mit Nüstern geschwellt gleich Bechern,
ohne Zukunft, ohne Erinnerungen,
so sitze ich hier, ihr

80
allerliebsten Freundinnen,

und sehe der Palme zu,
wie sie, einer Tänzerin gleich,
sich biegt und schmiegt und in der Hüfte wiegt
— man thut es mit, sieht man lange zu…

85
einer Tänzerin gleich, die, wie mir scheinen will,

zu lange schon, gefährlich lange
immer, immer nur auf Einem Beinchen stand?
— da vergass sie darob, wie mir scheinen will,
das andre Beinchen?

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Vergebens wenigstens

suchte ich das vermisste
Zwillings-Kleinod
— nämlich das andre Beinchen —
in der heiligen Nähe

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Friedrich Nietzsche: Nietzsche's Werke, Band VIII. C.G. Naumann, Leipzig 1906, Seite 417. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nietzsche%27s_Werke,_VIII.djvu/430&oldid=- (Version vom 1.8.2018)