Seite:OASpaichingen0357.jpg

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von manchem anderen Punkte der Markung genießt man eine sehr weite Aussicht über den Heuberg hinweg bis an die Schweizer-Alpen. 1

Die der heil. Afra geweihte Kirche steht inmitten des ummauerten Friedhofs, der sich auf der Spitze zwischen zwei schroffen Schluchten burgartig erhebt und einen sehr schönen Blick hinab in das hier beginnende, tief eingefurchte, von waldigen Abhängen umkränzte Wiesenthal gewährt. Die in den Jahren 1753/55 erbaute Kirche bildet innen einen gar weiten, lichten, mit Rococo-Stuckaturen und großen Deckenfresken geschmückten Raum. In dem mit einem flachen Spiegelgewölbe bedeckten Schiffe sieht man als Hauptfreske die Himmelfahrt Mariä, in dem vieleckschließenden Chor Christus und Gott Vater von vielen Engeln umgeben in der himmlischen Glorie, alles keck und flüchtig, aber meisterhaft gemalt. Der in spätem Renaissancestil gehaltene große Hochaltar enthält die Statuen des h. Petrus und h. Paulus und ein hübsches Ölbild, die Krönung der h. Afra vorstellend; die Seitenaltäre sind in reichem Rococostil gehalten, auf dem rechten sieht man eine sehr schöne gothische Pieta, die Maria von großartiger Auffassung. Gegenüber der Rococo-Kanzel erhebt sich ein reicher Wandaltar im Renaissancegeschmack und ein großes Ölbild des h. Sebastian aus derselben Zeit. Der hohle frühgothische Taufstein ist mit Maßwerk und Blumen geschmückt. Der massige, nördlich am Chor stehende Thurm enthält drei neue Glocken. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der zehentberechtigten Pfarrstelle und auf der Stiftung. – Auf dem schön gerundeten Scheibenbühl steht eine sehr hübsche Kapelle zum h. Grab, zu der Stationen angelegt sind; sie wurde im J. 1869 durch freiwillige Gaben erbaut, und enthält im Chor einen Sarkophag, worauf der Leichnam Christi, zu Seiten zwei anbetende Engel, eine sehr tüchtige Arbeit des jungen, von Obernheim gebürtigen Künstlers Johann Mauthe, jetzt in München. Eine weitere Kapelle steht außerhalb des Orts an der Straße nach Wehingen, an die sich folgende Sage knüpft: Unweit der Markungsgrenze gegen Thieringen stand vor der Reformation eine Kapelle zum heil. Kreuz, welche den beiden Orten (Obernheim und Thieringen) gemeinschaftlich gehörte. Das in derselben befindliche Altärchen mit einem altehrwürdigen Madonnenbild sei alsdann in die Kirche nach Obernheim gebracht worden, am nächsten Morgen aber auf den Trümmern der Kapelle wieder sichtbar gewesen, und so dreimal, bis man es in feierlicher Prozession abgeholt und in der

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Spaichingen. H. Lindemann, Stuttgart 1876, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OASpaichingen0357.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)