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Etwa 1/8 Stunde südöstlich vom Ort kommen die Flurbenennungen „Kernhausen“ und „alter Hof“ vor, was auf einen abgegangenen Wohnplatz hindeutet; nach der Sage soll hier die Kirche und das Meßnerhaus gestanden sein.

Zu der Gemeinde gehört:

Eine Mühle mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang, 1/16 Stunde unterhalb Rathshausen an der Schlichem gelegen.

Rathshausen, früher auch Raulßhusen, Raltshausen geschrieben, kommt das erste Mal vor, als den 25. Mai 1371 Gr. Rudolf III. von Hohenberg hiesige Gülten an seine Gemahlin Ida von Toggenburg verpfändete (Schmid, Urkb. 574). Es war überhaupt hohenbergisch-österreichisch und noch die Jurisdiktionstabelle vom J. 1804 nennt sämtliche Rechte allhier als österreichisch (vrgl. auch oben S. 279).

In der Hohenberger Erneuerung vom J. 1582 wird die Herrschaft als Kollator einer hiesigen Kaplanei mit dem Nominations- und Präsentationsrecht aufgeführt, allein wegen Geringfügigkeit der Einkünfte wurde diese letztere von 1603 an unbesetzt gelassen[1] und die Gemeinde zunächst durch Kapläne von Schömberg und Weilen abwechselnd versehen. Im J. 1698 stiftete Caspar Reiser, Kämmerer zu Benzingen, ein Kapital von 1500 fl. zum Aufenthalt eines eigenen Kaplans allhier, richtete ein Kaplaneihaus auf und verordnete zu dessen Erhaltung 170 fl., wozu noch Vogt, Richter und Älteste des Fleckens einen Zuschuß gewährten. Darauf befand sich allhier ein sog. Lokalie, allein den 23. April 1788 wurde dieselbe zur Pfarrstelle erhoben, im J. 1790 auch der Bau einer neuen Kirche genehmigt, allein in den Kriegsläufen der Zeit unterblieb derselbe und so wurde erst in den J. 1821/23 Kirche, Pfarrhaus und Scheuer erbaut.

Der große Zehente gehörte nach der genannten Erneuerung, abgesehen vom Widdumgut, zu 3/9 der Herrschaft Österreich, zu 5/9 der Pfarrei Schömberg, welche den 27. Apr. 1729 dem Chorherrnstift zu Waldkirch einverleibt wurde, zu 1/9 der Stadt Schömberg, welche im J. 1822 auch den stift-waldkirchischen Antheil von Baden, dem das Stift im J. 1805 zugefallen war, kaufte; der kleine stund der Pfarrei Schömberg (später Waldkirch, Baden, der Stadt Schömberg) zu.


  1. Im März 1655 wurde übrigens eine für den Ort bestimmte Glocke durch den St. Georger Abt Gaisser geweiht (Mone, Quellensamml. 2, 519).
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Spaichingen. H. Lindemann, Stuttgart 1876, Seite 368. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OASpaichingen0368.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)