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Reichenbach,
Gemeinde III. Kl. mit 436 Einw., wor. 1 Ev. – a. Reichenbach, Pfarrdorf, 413 Einw., b. Holzwiesen (Martinsberg), Weiler, 23 Einw. – Kath. Pfarrei; die Ev. sind nach Thieringen O.-A. Balingen eingepfarrt. 23/4 Stunden nordöstlich von der Oberamtsstadt gelegen.

An der Stelle, wo das Reichenbach-Thal in das Beera-Thal eingeht, hat der Ort theils in den Ebenen der beiden sehr tief eingefurchten Thäler, theils an dem Abhang des zwischen diesen Thälern vordringenden Bergs „Lau“ eine freundliche und geschützte Lage. Das nicht große, unregelmäßig angelegte Dorf besteht aus hübschen, zum Theil ansehnlichen, durchaus weiß getünchten, mit Ziegelplatten gedeckten Wohnungen und macht einen recht angenehmen Eindruck.

Die erhöht gelegene hübsche Kirche mit malerischem Dachreiter auf dem First wurde im Jahr 1721 erbaut; ihr sehr freundliches Innere hat im Schiff eine flache Decke, im Chor ein Stuckgewölbe mit Laubwerksgräten und besitzt drei wirklich schöne Rococoaltäre und einen vierten im gleichen Stil gehaltenen der Kanzel gegenüber; auf letzterem befindet sich eine Madonna und oben ein großes schlankes Kruzifix. Die drei übrigen Altäre sind mit Säulen, Gemälden, Statuen und Engelchen geschmückt; ähnlich ist die Kanzel und das Orgelhäuschen verziert. Auf dem linken Seitenaltar sieht man eine gut gearbeitete, halblebensgroße Pieta von weicher Körperbildung, im Renaissancestil; ferner im Chor ein Gemälde aus derselben Zeit, die Anbetung darstellend, und ein kleines hübsch gemaltes Epitaphium vom Jahr 1631. Der hohle achteckige Taufstein ist noch gothisch. Die Unterhaltung der Kirche hat die Heiligenpflege. In der Nähe des Orts steht eine kleine Feldkapelle. Der noch ummauerte, ansprechende Begräbnißplatz liegt um die Kirche und enthält viele schöne Schmiedeisenkreuze.

Das schon alte, jedoch gut erhaltene Pfarrhaus mit freundlicher aber beschränkter Aussicht muß von der Heiligenpflege unterhalten werden. Das zweistockige Schulhaus wurde im Jahr 1838 mit dem Erlös aus dem alten Schulhaus, einem Beitrag aus der Heiligenpflege mit 150 fl. und einem Staatsbeitrag von 300 fl. hübsch erbaut; es enthält zwei Schulzimmer, die Wohnung des Schulmeisters und die Gelasse für den Gemeinderath. Ferner sind vorhanden ein Backhaus, ein Waschhaus, ein Armenhaus und ein 1873 neu erbautes Farrenhaus. Durch den Ort führt die Landstraße von Wehingen nach Egesheim. Gutes

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Spaichingen. H. Lindemann, Stuttgart 1876, Seite 369. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OASpaichingen0369.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)