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Berthold[1]. In seiner Blüthezeit erstreckten sich seine Güter und Rechte von den Fildergegenden über den Würm-, Glems-, Enz-, Zaber-, Murr- und Schotzach-Gau (Stälin a. a. O. 2, 374–376); dazu kam noch zeitweise die bereits erwähnte Schutzvogtei über das Kloster Lorsch und die von diesem Kloster aufgetragenen „Volllehen“, die vom Hochstift Speier übertragene Vogtei über Bruchsal und anderes.

Eine lange Dauer war diesem Calwer Grafenhause nicht beschieden, die längste den Grafen von Vaihingen, welche um 1360 in männlicher Linie ausstarben, eine kürzere den Grafen von Löwenstein, deren Stamm gegen Ende des 13. Jahrhunderts erlosch, die kürzeste den Grafen von Calw, deren letzter Graf Gottfried vor 1263 ablebte[2].

Zwei Töchter beerbten diesen letzten Calwer Grafen Gottfried. Die eine davon heirathete den Grafen Rudolph von Tübingen-Böblingen († 1271 oder 1272) und in zweiter Ehe den Grafen Ulrich von Berg-Schelklingen, die zweite, welche sich Gräfin von Zavelstein nannte, den Grafen Simon von Zweibrücken.

Der gräflich Zweibrückische Besitz in unserer Gegend verschwindet für dieses Haus unter den Söhnen, beziehungsweise einem Enkel des Erwerbers (s. z. B. Althengstett und in der Oberamtsbeschreibung von Leonberg unter Merklingen). In Calw selbst und dessen Zugehörungen theilten sich die Familien der beiden Gemahle der erstgenannten Tochter. Die Berger Hälfte übergaben schon die


  1. Der Sage gehört an der heil. Willebold († 1230). Von ihm handelt: Nachricht von dem heiligen Willebold, Grafen von Calv, Schutzpatronen des Ilerthals. 2. Aufl. Ottobeuren 1786. 12.
  2. In die Familie der Grafen von Calw ist folgende unverbürgte Sagengeschichte eingeflochten. Ein Graf Hubert von Calw erwählte freiwillig die Armuth, verließ Gemahlin und Haus und wurde Ochsenhirte in Deißlingen bei Rotweil. Einst wieder nach Calw sich wendend, machte er sich seiner Gemahlin, welche gerade mit einem Andern Hochzeit feierte, durch den Ehering kenntlich, ging aber heimlich wieder nach Deißlingen und zu seiner Herde zurück. Vor seinem Lebensende gab er sich den Dorfbewohnern zu erkennen und machte sich durch eine Kirchstiftung um dieselben verdient. Die Calwer Bürger durften deshalb nach Belieben in Deißlingen die Glocken anziehen lassen (Crusius Ann. Suev. 2, 263). Von letzterem Vorrecht, woher es sich auch schreiben mag, soll noch im vorigen Jahrhunderte von Calwern bei ihren Reisen zur Zurzacher Messe hie und da Gebrauch gemacht worden sein. Dramatisch ist obiger Graf behandelt in: Graf Hubert von Calw, Scenen aus seinem Leben. Offenbach 1794. 8°.
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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_159.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)