Seite:OberamtTuttlingen0065.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

den dürren Formen des Juras. Eine Meereshöhe von circa 2400′ begünstigt noch die Ansiedlung einiger subalpinen Gewächse.

Die Donau liefert manche Wasser- und Sumpfpflanze, welche sonst in einem Juragebiete eine Seltenheit sind oder gänzlich fehlen.

Das alte Korngäu – die Baar – ist reich an Pflanzen des bebauten Landes und an Wegelagerern.

Die Flora der Gegend um den Bruderhof, in der Hauptsache eine Sandflora, stimmt mit der benachbarten Bodensee- und Rheinthalflora überein, sowie auch die Torfwiesen der Ach (Wiesenmoor) die Vegetation der Bodenseeriede, wie z. B. bei Radolfzell und Konstanz, zeigen.

In den Weinbergen des Hohentwiels – Dank ihrer günstigen Exposition und ihres warmen Bodens – sieht man die meisten den Weinbau begleitenden Gewächse des Unterlandes wieder. Aus dem Verwitterungsprodukt um den Hohentwiel ist ein schwerer, lehmiger Ackerboden hervorgegangen, welcher in seinen Unkräutern vielfach an die schweren, thonigen Böden des Unterlandes, z. B. der unteren und mittleren Mergel des Keupers erinnert.

Für die Felsenflora des Donauthales von Tuttlingen bis über Sigmaringen und die hier auftretenden subalpinen und alpinen Pflanzen gibt es vielleicht ein eigenes Moment – nämlich die sehr geringe jährliche Regenmenge – ähnlich der raschen Abnahme der Niederschläge in den Alpen. So hat Sigmaringen nach 10jährigem Durchschnitt nur 374 mm Regen. Der im Westen vorgelagerte Heuberg, die höchste Erhebung unserer Alb, wird fast rechtwinkelig von der herrschenden Regenrichtung getroffen, die Regenwolken laden den größten Theil ihres Inhaltes vorläufig hier ab und die gegenüberliegende südliche Abdachung liegt auf diese Weise im „Regenschatten“, wenn dieses Wort – analog dem „Windschatten“ hier erlaubt ist. Namentlich im Sommer dürften die Niederschläge über den lang gedehnten Felspartieen besonders gering sein, da die von dem Kalkgestein lebhaft erwärmte, dünne, aufsteigende Luft, einen Niederschlag lange verhindert. Alle Felsbewohner im Jura, dasselbe gilt von den basaltischen Gesteinen, sind deshalb mehr oder weniger gerüstet, die Sommer-Campagne zu ertragen, am meisten wohl die an den Klingsteinfelsen des Hohentwiels wachsende Sedum dasyphyllum L., deren saftige, kugelig gedrungene Blättchen noch mit einem feinen Haar-Überzuge bekleidet sind, um vor der austrocknenden

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0065.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)