Seite:OberamtTuttlingen0147.jpg

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giengen zum Theil noch nicht ganz ab, z. B. in Mühlhausen und Weilheim.

Wenn in Wurmlingen das Kind nach der h. Taufhandlung in das elterliche Haus zurückgebracht wird, so müssen die Pathen für sich und das Kind den Einlaß in das Haus durch ein Geschenk erkaufen.

Von älteren Tauf-, Hochzeit- und Leichengebräuchen in Tuttlingen geben wir (nach B.) Einiges im Auszug:

Gleich nach der Geburt des Kindes wurden die nächsten Verwandten und Freunde davon in Kenntnis gesetzt, welches für eine Einladung zum Besuche des Neugeborenen und der Wöchnerin galt. Nur das weibliche Geschlecht stattete Besuche ab und schenkte der Wöchnerin Suppenbrot. War es am Tage der Geburt noch möglich, das Kind taufen zu lassen, so geschah es sofort, jedenfalls aber am anderen Tag. Bis zur Taufe wurde dem Kind ein Gebetbuch oder das Gesangbuch unter das Kopfkissen gelegt, damit die Hexen keine Macht über dasselbe haben. Die Dote war in der Regel eine Schwester oder sonstige nächste Anverwandte der Eltern, bei zwei Doten wurde das gleiche beobachtet. War die Dote eine Jungfrau, so trug sie einen weißen Schurz mit Spitzen und ein weißes Spitzenhalstuch; die übrige Kleidung war durchaus schwarz. Der Kranz durfte nicht fehlen; bei Wohlhabenden war er mit Gold und Silber geziert. War die Dote keine Jungfrau mehr, so war es ihr nicht gestattet, einen Kranz zu tragen, auch nicht einen weißen Schurz und ein weißes Halstuch; sie mußte bloßen Hauptes mit hängenden Zöpfen einhergehen, während dieselben von der Jungfrau-Dote um den Kranz gewickelt waren. War aber die Dote verheiratet, so trug sie auf dem Kopf eine Haube. Vor dem Abgang in die Kirche wurde das Kind von der Mutter in den Worten des dreieinigen Gottes gesegnet und in weiß überzogene Kissen eingebunden, welche mit einem rothseidenen oder weißen Flor überhängt wurden. Diesen Taufzeug hatte die Dote mitzubringen; sie nahm das Kind auf den Arm, wenn man zur Kirche gieng, neben ihr liefen die Weiber, Mütter und Schwestern der Dote, rechts und links. Kam man bis zur Hausthüre des Täuflings, so traf die Dote zwei ledige Burschen, die ihr ein rothes Band quer vorhielten, bis sie ein Trinkgeld bekamen. Mittlerweile fielen auch Schüsse zu Ehren der Dote. – Die beiden Döte (männliche Taufpathen), bei Zwillingen vier, erwarteten das Kind in der Kirche. Nach der Kirche giengen Döte und Dote mit dem

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0147.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)